Beschluss: Mehrheitlich abgelehnt.

Abstimmung: Ja: 2, Nein: 29, Enthaltungen: 4

Beschluss:

 

Der Rat lehnte mehrheitlich ab, die Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen im Jahr 2017 in der Stadt Geilenkirchen insoweit zu ändern, dass in § 2 die Ziffer 1 ersatzlos gestrichen wird.

 


Stadtverordneter Wolff erklärte sich für befangen und setzte sich auf die Zuschauertribüne.

 

Stadtverordneter Weiler teilte mit, dass seine Fraktion über den Tagesordnungspunkt überrascht gewesen sei. Die Ordnungsbehördliche Verordnung sei mit Ratsbeschluss vom 15.02.2017 verabschiedet worden. Im Gewerbegebiet Niederheid stehe nun der verkaufsoffene Sonntag bevor. Die Verordnung sei seit sechs bis acht Wochen öffentlich. Auch wenn die Gewerkschaft Verdi in anderen Kommunen gegen verkaufsoffene Sonntage vorgehe, müsse das in Geilenkirchen nicht einfach hingenommen werden. So frage er sich, warum Verdi erst einige Tage vor dem Verkaufsoffenen Sonntag reagiere, obwohl die Ordnungsbehördlichen Verordnung schon mehrere Wochen bekannt gewesen sei. Die Unternehmen im Gewerbegebiet Niederheid hätten in diesen Wochen Zeit und Geld in Vorbereitungen investiert. Aus diesem Grund könne man die kurzfristige Intervention Verdis nicht hinnehmen. Seitens der CDU stelle man sich vor die Unternehmen Geilenkirchens. Weiter müsse eine Gewerkschaft daran interessiert sein, dass ihre Mitglieder in Lohn und Brot stünden. Ein Verkaufsoffener Sonntag fördere auch dies. Darüber hinaus würden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu solchen Sonderaktionen ausschließlich auf freiwilliger Basis arbeiten und für die Zusatzstunden entsprechenden Ausgleich erhalten. Solche Aktionen würden durch ihre Effekte auf den Handel eher Arbeitsplätze sichern. Gerade in einer Grenzregion wie Geilenkirchen sei bekannt, dass in Nachbarländern wie den Niederlanden verkaufsoffene Sonntage die Regel seien. Wenn die Belegschaft auf freiwilliger Basis arbeite, sei die Intention der Gewerkschaft Verdi fraglich. Außer einer Machtdemonstration bleibe nicht viel. Er plädiere für die Durchführung der Veranstaltung.

 

Stadtverordneter Kleinen meinte, dass er sich inhaltlich seinem Vorredner anschließen könne. Auch seine Fraktion werde dem Vorschlag der Verwaltung nicht folgen. Gerne würde er aber konstruktive Kritik in Richtung Verwaltung äußern: die Fraktionen hätten von den Plänen der Verwaltung durch eine kurzgefasste Pressemitteilung erfahren. Die direkte Information und Abstimmung mit den Fraktionsvorsitzenden wäre jedoch wünschenswert gewesen. So hätte man in einer Krisensitzung ein gemeinsames Vorgehen abstimmen können. Darüber hinaus habe ihn der Wortlaut der Mail ebenfalls verwundert. Hier werde die Absage des verkaufsoffenen Sonntags bzw. die Reaktion der Verwaltung zu Anfang der Woche beinahe schon „mit Freuden“ mitgeteilt. Er hingegen empfinde lediglich Bedauern, dass die Veranstaltung abgesagt worden sei. Es sei könne nicht sein, dass eine schon mehr als zehn Jahre durchgeführte Event-Veranstaltung so kaputt gemacht werde. Gerade für die kaufmännische Situation vor Ort sei dies nicht hinnehmbar.

 

Beigeordneter Brunen bat darum, unmittelbar zu den Äußerungen des Stadtverordneten Kleinen in Bezug auf die Verwaltung den Ablauf seit Montag zu schildern. Dass Vergnügen oder Freude aus dem Wortlaut der Mail an die Fraktionen abzuleiten sei, müsse der Stadtverordnete ihm aufzeigen. Auch die Verwaltung betrachte die Situation als äußerst misslich. Als die Gewerkschaft die Verwaltung über die Absicht einer Klage informiert habe, habe die Verwaltung innerhalb weniger Stunden reagieren müssen. Zunächst sei die Rechtslage erörtert worden, um in einem zweiten Schritt den Aktionskreis und die betroffenen Unternehmer zu informieren. Für die Abstimmung mit der Politik sei in der Situation keine Zeit gewesen. Verdi habe bis spätestens Dienstagmittag mit einer gerichtlichen Entscheidung gedroht. Die Rechtslage sei – wie so oft – die eine Seite. Gerade in einer Verwaltung sei bekannt, dass auf der anderen Seite auch Fingerspitzengefühl bei der Durchsetzung von Recht eine Rolle spiele. Dieses Fingerspitzengefühl habe die Gewerkschaft hier außer Acht gelassen. Verdi habe das Fest jahrelang akzeptiert; dann könne sie nicht fünf Tage vor dem verkaufsoffenen Sonntag die Keule rausholen. Man hätte mit der Verwaltung reden können, so dass das Fest in diesem Jahr noch einmal stattfinde und für das nächste Jahr eine klare Grenze gesetzt werde. Die Rechtslage sei die eine Seite, mit welcher Vehemenz sie verfolgt werde, eine andere. Der Verwaltung sei daran gelegen gewesen, die Situation nach außen zu transportieren. Im Ergebnis sei man genauso unzufrieden.

 

Stadtverordnete Kals-Deußen machte deutlich, dass sie sich den Stadtverordneten Weiler und Kleinen anschließe. Das Verhalten der Gewerkschaft sei mehr als unfair; viele Unternehmen im Gewerbegebiet seien familiengeführt und die meisten Firmen hätten erhebliche Kosten für die Veranstaltung in Kauf genommen. Außerdem sei der verkaufsoffene Sonntag bereits beworben worden. Viele Besucher würden nun vor verschlossenen Türen stehen. Dies sei nicht das was man wolle. Auch für den Aktionskreis wolle man ein deutliches Signal seitens der Politik setzen.

 

Stadtverordneter Benden führte aus, dass sicherlich kein Stadtverordneter wolle, dass das Fest am kommenden Sonntag ausfalle. Gleichwohl sei dies nicht zu verhindern, da Verdi auf jeden Fall rechtliche Schritte einleiten werde. Er sei weiß Gott niemand, der Kritik an der Verwaltung scheue. Hier könne man der Verwaltung jedoch kein Fehlverhalten vorwerfen. Sie habe so schnell gehandelt wie die Gewerkschaft zugelassen habe. Man müsse sich mit dem Gedanken anfreunden, dass das Gewerbefest ausfalle. Dies sei nicht nur ein Problem Geilenkirchens. Vielmehr sei ein Problem auf Landesebene zu sehen. Niemand habe in Geilenkirchen ein Interesse daran, das Gewerbefest ausfallen zu lassen – durch das Fest werde an Image gewonnen, Leistungsstärke könne bewiesen werden und Käufer beworben. Gerade im Hinblick auf das erst kürzlich durchgeführte Heinsberger Gewerbefest sehe er ein Ungleichgewicht, wenn die Gewerkschaft in Geilenkirchen nur wenige Wochen später das Gewerbefest verhindern wolle. Er glaube jedoch nicht, dass das Vorhaben der Gewerkschaft gestoppt werden könne.

 

Stadtverordneter Gerads stellte fest, dass die Absage des Festes weder im Sinne der Wirtschaftsförderung noch im Sinne der Unternehmen oder Arbeitnehmer sei. Er frage sich aber, ob die Stadtverordneten bei Ablehnung des Verwaltungsvorschlags gegen geltendes Recht verstoßen würden und welche Konsequenzen dies habe.

 

Stadtverordneter Grundmann erwiderte, dass die Frage nach den tatsächlichen Konsequenzen für den Rat sicher wichtig sei. Doch man müsse immer zwischen juristischem und moralischem Recht unterscheiden. Seitens der Unternehmen sei Geld in die Vorbereitung eines Festes organisiert worden, dass fünf Tage vor Beginn durch die Gewerkschaft kaputt gemacht werde. Hierüber hätte Verdi sich vorab mit der Verwaltung verständigen können. Als Ratsmitglied müsse man sich nun schützend vor die Kaufleute stellen; hierfür trage er dann auch gerne die Konsequenzen.

 

Auf Nachfrage des Stadtverordneten Mingers nach der Rechtslage und eventueller Regressansprüche antwortete Beigeordneter Brunen, dass Voraussetzung für die Festsetzung eines verkaufsoffenen Sonntags das Vorliegen einer sonstigen größeren Veranstaltung oder einer Messe sei. Das Öffnen der Geschäfte solle nicht im Vordergrund stehen. Um mögliche Haftungsansprüche geltend zu machen, müsse ein Schaden entstanden sein. Dies wäre beim Beschluss, sich der Klageandrohung nicht zu beugen, zunächst noch nicht der Fall.

 

Stadtverordneter Kleinen führte aus, dass er die Formulierung „…gerne darüber informieren…“ in der Mail des Beigeordneten Brunen als Ausdruck von Freude/Erleichterung empfunden habe – dies sei im Übrigen nicht nur seine Meinung gewesen.

 

Stadtverordneter Jansen gab seinen Vorrednern Recht und stellte fest, dass die Stadt schadensersatzpflichtig würde, wenn Verdi den Prozess durchklage und die Stadt als Verlierer hervorgehe. Basis für Verdis Vorgehen seien Prozesse vor Amtsgerichten. Bei einer einstweiligen Verfügung werde jedoch der Einzelfall geprüft. Die Rechtsprechung vor dem OVG sei noch nicht rechtsgültig. Wenn der Rat nun heute gegen den Beschlussvorschlag der Verwaltung stimme, müsste der verkaufsoffene Sonntag stattfinden können – es sei denn, Verdi erwirke eine einstweilige Verfügung. In diesem Fall scheue er sich auch nicht davor, vor Gericht die verschiedenen Positionen durch zu klagen. Er könne bei diesem Tagesordnungspunkt heute nicht mit „Ja“ stimmen.

 

Stadtverordneter Volles erklärte, dass doch alle einer Meinung seien und ein Zeichen setzen wollten. Man könne so etwas nicht mit sich machen lassen und die Konsequenzen für den Rat würden schon nicht so dramatisch sein.

 

Stadtverordnete Brandt erläuterte, dass immerhin noch die Frage der Anspruchsgrundlage für Verdi offen sei. Ihres Erachtens kämen höchstens Klagen vor dem Arbeitsgericht oder Verwaltungsgericht in Betracht. Natürlich müsse der Rat ein Zeichen setzen, dennoch werde es ein riesiges Durcheinander geben. Die Unternehmer seien jetzt schon verunsichert. Doch wenn der Rat jetzt nicht die Stimme erheben würde, könne immer irgendjemand kommen, der einen Beschluss gerne aufgehoben hätte. Dies sei natürlich eine andere Sache, wenn ein Beschluss rechtwidrig sei, doch vorliegend sei die Frage welche Anspruchsgrundlage Verdi für die Rechtwidrigkeit des Beschlusses benennen könne. Sollte ein arbeitsrechtlicher Weg eröffnet werden, sei dies unproblematisch. Von verwaltungsrechtlicher Seite her könne das die Verwaltung besser einschätzen. Ihres Erachtens habe der Rat die Ordnungsbehördliche Verordnung einmal erlassen und nun müsse der Rat konsequenterweise auch den Beschlussvorschlag der Verwaltung ablehnen.

 

Stadtverordneter Weiler verdeutlichte, dass er den Stadtverordneten Jansen und Brandt nur zustimmen könne. In verschiedenen Kommunen –  auch in näherer Umgebung – seien diese Sonntage per einstweiliger Verfügung untersagt worden bspw. auch in Herzogenrath und Roetgen. Vor dem Verwaltungsgericht werde jeder Fall einzeln betrachtet und vorliegend stände Aussage gegen Aussage. Der Satz „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“ sei jedem bekannt und dann müsse der Ausgang eines möglichen Verfahrens abgewartet werden. Der Einzelhandel vor Ort sollte gerade in der heutigen Zeit des Online-Handels gestärkt werden. Durch den Verkaufsoffenen Sonntag im Gewerbegebiet hätten die Leute die Möglichkeit bei einem Spaziergang – bei hoffentlich gutem Wetter – sich in Ruhe vor Ort, über das Angebot zu informieren. Dies werde durch die Gewerkschaft kaputt gemacht. Daher müsse man den Unternehmern nun den Rücken stärken.

   

Stadtverordnete Slupik warf die Frage auf, wie die Händler im Gewerbegebiet reagieren sollen, wenn der Beschluss durch den Rat gekippt werde, Verdi am Freitag aber eine einstweilige Verfügung erwirke. Für die Unternehmer vor Ort sei das nicht hilfreich. Sie betonte, dass sie für den Verkaufsoffenen Sonntag sei, sich die Frage aber aufdränge.

 

Stadtverordneter Mesaros stimmte der Stadtverordneten Slupik zu und meinte, dass die Stärkung der Geschäftsleute im Vordergrund stehe. Vielleicht könne der Stadtverordnete Wolff aus eigener Erfahrung hier in seiner Funktion als Geschäftsmann Auskunft geben. Ein deutliches Zeichen für den Einzelhandel im Gewerbegebiet sei erforderlich.

 

Stadtverordneter Hoffmann entgegnete, dass die Absetzung des Punktes von der Tagesordnung vielleicht die vernünftigste Lösung sei. Darüber hinaus meinte er, dass Verdi das gleiche Vorgehen vor einiger Zeit in Herzogenrath gezeigt habe. Hierdurch hätte man in Geilenkirchen schon vorher gewarnt sein können.

 

Stadtverordneter Mingers fragte erneut, ob der Verwaltung bekannt gewesen sei, dass gegen geltendes Recht verstoßen werde bzw. dass mit der Verordnung ein Rechtsbruch vorliege.

 

Beigeordneter Brunen antwortete, dass geltendes Recht das sei, was ein Gericht daraus mache. Die Veranstaltung im Gewerbegebiet Niederheid sei 20 Jahre lang genauso durchgeführt worden, daher sei auch nicht das Gespräch mit der Gewerkschaft gesucht worden. Dass es genau in diesem Jahr nun als rechtswidrig angesehen werde, habe im Hinblick auf die vergangenen Jahrzehnte nicht offen auf der Hand gelegen.    

 

Stadtverordneter Conrads gab dem Beigeordneten Recht. Die Veranstaltung sei sogar bereits seit 30 Jahren so durchgeführt worden. Der Gewerkschaft stehe jedoch das Recht zu, sich hiergegen zu wehren. Dies sei inzwischen jedem bekannt bspw. durch die Presse, die über ähnliches in umliegenden Kommunen berichtet habe. Ihn interessiere, ob die Pläne zur Durchführung des verkaufsoffenen Sonntags den gesetzlichen Vorgaben entsprächen oder nicht.

 

Beigeordneter Brunen antwortete, dass er im Hinblick auf eine mögliche gerichtliche Auseinandersetzung mit einer Antwort zurückhaltend umgehe. Er wolle im Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung keine persönliche Meinung bzw. Rechtsauffassung äußern.                       

 

Stadtverordnete Thelen erklärte, dass sie einen ähnlichen Vorschlag wie der Stadtverordnete Hoffmann machen wolle. Der Rat habe im Februar bereits einen Beschluss zum Offenhalten von Verkaufsstellen gefasst. Der Beschluss sei gültig, so dass nicht erneut darüber abzustimmen sei.

 

Stadtverordneter Jansen widersprach, dass eine Abstimmung auf jeden Fall notwendig sei. Die Verwaltung habe aufgrund der Rechtslage so handeln müssen. Nun sei es Aufgabe des Rates der Verwaltung den Rücken zu stärken, aber auch die eigene Meinung einfließen zu lassen.

 

Stadtverordneter Benden stimmte dem Stadtverordneten Jansen zu. Außerdem müsse ein Zeichen für die Gewerbetreibenden in der Stadt gesetzt werden; der Verwaltungsvorlage könne so nicht zugestimmt werden. Der Rat müsse nun den ursprünglichen Beschluss aufrechterhalten. Das Fest an sich sei so oder so beschädigt. Darüber hinaus werde Verdi sein Gesicht wahren und klagen. Dann sei der heutige Beschluss inklusive der Diskussion wieder hinfällig. Da das Fest bereits in der Zeitung beworben worden sei, seien die Leute außerdem noch verunsichert. Die schwierige Lage der Verwaltung sei ebenfalls klar. In Heinsberg sei das Gewerbefest ohne Probleme durchgeführt worden. Seines Erachtens sollte jetzt abgestimmt werden und nicht mehr diskutiert.

 

Bürgermeister Schmitz rief sodann zur Abstimmung über die Vorlage der Verwaltung auf. 

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

Ja:

2

Nein:

29

Enthaltung:

4