Sitzung: 13.03.2018 Jugendhilfeausschuss
Vorlage: 1194/2018
Herr Schulz erläuterte für die Verwaltung die Entwicklung in der Jugendkriminalität, diese fände seit Beginn der Arbeit des Jugendamtes hohe Beachtung. In den Jahren 2005 und 2006 hätte es in Geilenkirchen eine Serie von Einbrüchen gegeben und eine große Zahl an Beschädigungen von Geschäften in der Innenstadt durch Farbschmierereien und verkratzte Schaufensterscheiben. Diese Situation hätte damals die politische Diskussion zur Einrichtung eines eigenen Jugendamtes beeinflusst und es habe die Erwartung bestanden, die Situation zu verbessern.
Das Jugendamt sei im Rahmen der Jugendgerichtshilfe an allen Strafverfahren Jugendlicher und Heranwachsender unter 21 Jahren beteiligt. Das Jugendamt wisse deshalb wo und in welcher Situation die jugendlichen Täter lebten und könne so ergänzend zu den erzieherischen Strafmaßnahmen, die das Jugendgericht beschließe, erzieherische Einzelfallhilfen installieren. Des Weiteren könne man aufgrund der Erkenntnisse präventive Maßnahmen zur Verhütung von Jugendkriminalität planen. Hervorzuheben sei die gute Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen, der Polizei, der Staatsanwaltschaft, des Jugendamtes und des Gerichts. Es bestünden regelmäßige Absprachen sowie ein unbürokratischer Austausch in Einzelfällen. Die Polizei informiere das Jugendamt über begangene Straftaten noch bevor die Anklageschrift erstellt werde.
Die Aufgabe des Jugendamtes sei die Erstellung eines Sozialberichtes für das Gericht, die Beteiligung beim Gerichtsverfahren, die Unterbreitung eines Vorschlags zur Strafzumessung und die Organisation und Überwachung der gerichtlich verhängten Strafen. Seit 2009 würde eine eigene Statistik geführt, in der die im Jahr eingegangenen Anklageschriften erfasst würden. Sofern eine Anklageschrift eine fünffach begangene Tat, z.B: Schwarzfahren, aufführe, zähle diese Tatbegehung nur ein Mal. Im Zeitraum 2009 bis 2016 sei ein Anstieg der Straftaten um 15% auf 261 verzeichnet worden.
Die Drogendelikte seien um 29% auf 21 gestiegen. 73% der angeklagten Täter seien zwischen 17 und 19 Jahren alt. Die Aussage im Antrag der SPD über zwölfjährige Drogenkonsumenten könne von Seiten des Jugendamtes nicht bestätigt werden, zumal keine entsprechenden Mitteilungen durch Polizei, Schulen oder andere Institutionen vorlägen. Im Jahr 2016 seien 25% der erfassten Drogendelikte im Bereich des Bahnhofs verübt worden, im Jahr 2017 seien es nur noch 4% gewesen. 23% der Drogendelikte fänden im häuslichen Umfeld und 35% außerhalb des Stadtgebiets statt.
Delikte, die für das Sicherheitsgefühl der Bürger relevant wären, seien zurückgegangen. Körperverletzung von 25 auf 17, gefährliche Körperverletzung von 16 auf 10 und Sachbeschädigung von 21 auf 13. Andere Delikte hätten zugenommen. Schwarzfahren von 9 auf 31, Betrug von 12 auf 18, Beleidigung von 11 auf 16 und Bedrohung von 4 auf 7. 80% der Täter seien männlich. „Normale“ Bürger seien selten Opfer oder Geschädigte von Straftaten, die meisten Taten fänden im Milieu der Jugendlichen statt. Eine Ausnahme sei eine Einbruchsserie von 2016 bei der in Wohnhäuser in 11 Fällen eingebrochen worden wäre. Diese sei nach Aufklärung und Bestrafung der beiden Täter jedoch beendet. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen seien 3% der jugendlichen Straftäter auch als Erwachsene noch Straftäter.
Die Auswertung der sozialen Situation zeige, dass Jugendkriminalität kein Armutsproblem sei, die Täter stammten aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Jedoch hätten 2/3 der Täter eine sehr konfliktbehaftete Trennung oder Scheidung ihrer Eltern durchlebt. Die Eltern widmeten die ganze Aufmerksamkeit dem Trennungskrieg und würden die Bedürfnisse des Kindes aus den Augen verlieren. Das Kind erlebe den Eltern nicht wichtig zu sein und verliere dort seinen Halt. Im Jugendlichenalter suche das Kind dann Halt bei der Clique. Würden dort Straftaten begangen, schaffe das Kind es nicht, sich zu distanzieren, weil es auch diesen Halt verlieren würde.
Als Konsequenz aus diesen Erkenntnissen solle man möglichst viele Jugendliche in einer solchen Lebenssituation an die offene Jugendarbeit anbinden und so den Jugendlichen helfen, positive Beziehungen aufzubauen. Die Bedingungen hierzu seien Dank der Beschlüsse des Ausschusses so gut wie nie zuvor. Die KOT Zille sei sehr gut aufgestellt, zwei Fachkräfte, Frau Gärtner und Herr Samardzic würden hervorragende Arbeit leisten. Zahlreiche ehrenamtliche Teamer würden sich in der Einrichtung sehr engagieren. Zudem sei ein durch Spenden finanziertes Auto angeschafft worden welches die aufsuchende Jugendarbeit erleichtere. Stationäre Angebote gebe es inzwischen nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in Teveren.
Auch Jugendliche engagieren sich in diesem Bereich. Bei dem Projekt Jugend trifft auf Politik hätten die Jugendlichen gefordert, offenen Drogenhandel zu unterbinden. Es gäbe darüber hinaus eine Arbeitsgruppe zur Erneuerung der Skateranlage. Gegen offenen Drogenhandel und –konsum werden gemeinsame Kontrollen zwischen Polizei, Ordnungsamt und Jugendamt durchgeführt.
Das Jugendamt versuche, möglichst viele Eltern in Trennungssituationen zu erreichen, mit dem Ziel, diese für die Bedürfnisse der Kinder zu sensibilisieren. Dies fände durch den allgemeinen sozialen Dienst statt. Das Jugendamt erhalte eine Mitteilung vom Familiengericht über Scheidungsverfahren, wenn Kinder betroffen sind. Des Weiteren gebe es eine Beratung durch die Erziehungsberatungsstelle der Caritas in der Martin-Heyden-Straße. Für den 13.06.2018 sei eine Informationsveranstaltung im Bürgertreff geplant. Die Veranstaltung werde vom Familienzentrum „Triangel“, der Caritas Erziehungsberatungsstelle und dem Jugendamt in Kooperation durchgeführt. Referenten seien Frau Hintzen, die Leiterin der Erziehungsberatungsstelle und Herr Goebbels, Leiter der sozialen Dienste des Jugendamtes.
Im Jahr 2017 sei die Gesamtzahl der erfassten Straftaten gegenüber dem Vorjahr um 34% auf 173 zurückgegangen. Es bleibe abzuwarten, ob dies ein Ausreißer im positiven Sinne sei oder eine beständige Trendwende eingeleitet worden sei.
Stadtverordneter Klein erkundigte sich, ob die Jugendkriminalität nur repressiv verfolgt werde und schlug vor, dass präventives Vorgehen gestärkt werden solle. Herr Schulz bezog Stellung dazu und erläuterte, dass dies mit der Ausweitung der Jugendarbeit gestärkt werden solle. Soziales Lernen und Bildung sollten im Einklang stattfinden.