Beschluss: Zur Kenntnis genommen.

Abstimmung: Ja: 0, Nein: 0, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Herr Goebbels teilte mit, dass aufgrund der Corona-Pandemie für die Familien eine hohe Belastung bestünde. Die sog. Statistik nach § 8a SGB VIII führe Meldungen von Kindeswohlgefährdungen auf. Hierbei gebe es unterschiedliche Gefährdungsaspekte. Zu beachten sei, dass bei einer Meldung mehrere Gefährdungsaspekte eine Rolle spielen können.

 

Auf Nachfrage von Frau Banzet gab Herr Goebbels an, dass bei Kindeswohlgefährdungen mehrerer Kinder in einer Familie diese als ein Fall geführt würden. Indikatoren für eine Überlastung in den Familien sei die gestiegene Zahl der Meldungen auf häusliche Gewalt und körperliche Misshandlung. In diesen Fällen müsse eine Einschätzung nach § 8a SGB VIII durchgeführt werden. Bei polizeilichen Einsätzen erhalte das Jugendamt am Folgetag eine Mitteilung. Hierauf werden Hausbesuche und Gespräche mit Sorgeberechtigten und Kindern geführt. Teilweise seien Fälle aus dem Jahr 2021 noch offen. Insgesamt könne er sagen, dass die Intensität nicht überproportional angestiegen sei.

 

Frau Thelen fragte an, welche Kriterien für einen Fall von sexueller Gewalt vorliegen müssen. Hierauf führte Herr Goebbels als Beispiele das Ausziehen der Kleidung oder den Besitz von Kinderpornographie an. Ferner wies er darauf hin, dass von der Kategorie „keine Kindeswohlgefährdung“ auch Fälle erfasst seien, wo die Mutter auf Rückfrage klarstelle, dass sie sich vom gewalttätigen Mann getrennt habe und die Gefährdung daher abgewiesen sei. Auch Fälle, wo anfangs ein Verdacht der sexuellen Gewalt bestand, werden hier aufgeführt. Unter Bezugnahme auf dieses Beispiel erkundigte sich Frau Wallraven, wie es bewertet werde, wenn sich Kinder untereinander die Kleidung ausziehen. Entscheidend sei hierbei das ausgeübte Machtverhältnis, teilte Herr Goebbels mit. Bei Kindergartenkindern sei dies beispielsweise gegeben, wenn ein Sechsjähriger einen Dreijährigen belästige. In der Gesamtbetrachtung seien die Zahlen alarmierend, das Verhältnis sei jedoch nicht überproportional angestiegen.

 

Frau Banzet erkundigte sich, wie viele Kinder in Obhut genommen wurden. Herr Goebbels teilte mit, dass er diese Frage derzeit nicht beantworten könne; eine entsprechende Information werde nachgereicht.

 

Im Weiteren führte Herr Goebbels auf, dass zu Beginn der Pandemie ein großer Anstieg der Fallzahlen befürchtet wurde. In den Monaten März und April 2020 habe sich diese Vermutung jedoch nicht bestätigt. In problematischen Fällen habe es telefonischen Kontakt gegeben und die Familien seien bei Gefährdungsmeldung auch aufgesucht worden. Die Jugendpsychiatrie Viersen und die ViaNobis Fachklinik haben ihm mitgeteilt, dass sie seit zwei Jahren deutlich mehr Fälle hätten. Diese Kooperationspartner würden nicht wegbrechen, müssten jedoch Prioritäten setzen. In vielen Familien sei eine Zunahme der psychischen Probleme zu beobachten. Dies sei ein Umstand, der bereits vor Corona festgestellt wurde und seither ansteige. Insbesondere der Umgang der Kinder und Eltern mit Medien ändere sich. Die Eltern seien eher mit ihren Handys beschäftigt, anstatt für die Kinder präsent zu sein. Dies führe dazu, dass ein liebevoller Umgang heute in vielen Familien nicht gegeben sei.

 

Frau Fritz-Begas teilte mit, dass die Anfragen für intensivmedizinische Anliegen stark anstiegen. Die Diagnose sei häufig Depression. Hierauf teilte Herr Goebbels mit, dass in intensivpädagogischen Fällen häufig eine psychische Grunderkrankung der Eltern vermutet werde. Diese Grunderkrankung führe im Bindungsverhalten des Kindes häufig dazu, dass dieses nicht gesund sei, bei Kindern sog. Bindungstrauma.  Eine depressive Episode oder ADHS seien hierbei oft vorkommende Diagnosen. Bei genauer Betrachtung werde jedoch eine psychische Disposition festgestellt. Diese zeige sich dadurch, dass die Eltern eher mit sich selbst als mit den Kindern beschäftigt seien und pädagogische Themen schwer umsetzen könnten. Häufig werde beobachtet, dass nach einer kurzen Verbesserung der familiären Lage sich diese langfristig wieder verschlechtere. Nötig sei an dieser Stelle eine therapeutische Behandlung der Eltern.

 

Frau Banzet erkundigte sich, wie sich die Depressionen der Eltern im Rahmen der Pandemie entwickeln. Häufig führe dies zu einer Kindeswohlgefährdung, da die Eltern nicht offen mit der Thematik umgingen, gab Herr Goebbels an. Wünschenswert sei es, dass das Jugendamt früher eingreifen und die Eltern dazu bringen könne, sich Unterstützung zu holen. Es gebe ein Förderprogramm des LVR für Kinder von psychisch kranken Eltern. Dieses werde in Kooperation mit den vier Stadtjugendämtern im Kreis durchgeführt; von zwölf Plätzen seien in der Vergangenheit jedoch nur vier in Anspruch genommen worden.

 

Hierauf erkundigte sich Frau Wallraven nach der Möglichkeit, dieses Förderprogramm niederschwellig anzubieten. Herr Goebbels teilte mit, dass er diesen Vorschlag in eine kommende Fortbildungsveranstaltung aufnehmen werde. Daneben werde er den Vorschlag von Frau Banzet mitaufnehmen, dass Jugendamtsmitarbeiter bei den Elternabenden entsprechende Angebote machen.

 

Frau Wallraven schlug daraufhin vor, im Rahmen des Förderprogramms Kitas und Schulen als Netzwerk zu nutzen. Hierbei sei der Vorteil, dass bereits ein Vertrauensverhältnis bestehe.

 

Im Anschluss erkundigte sich Frau Fritz-Begas, ob bei untergebrachten Kindern auch die Entwicklung der Eltern betrachtet werde. Herr Goebbels teilte mit, dass diese häufig vereinbarte Besuchskontakte kurzfristig absagen und sich gelegentlich gegen eine Rückführung der Kinder in den elterlichen Haushalt sträuben. Abschließend wies er auf Nachfrage darauf hin, dass Fälle von § 8a SGB VIII in jedem Fall zeitnah bearbeitet werden.