Stadtoberverwaltungsrat Schulz verwies zunächst auf eine Stellungnahme des Rechnungsprüfungsamtes zu dem Tagesordnungspunkt, die als Tischvorlage zur Verfügung gestellt wurde (ebenfalls als Anlage der Niederschrift beigefügt). Er werde auf die angesprochenen Punkte zum Ende des Berichts eingehen.

 

Er erinnerte noch einmal daran, dass durch die Erstaufnahmeeinrichtung in Niederheid bereits im Oktober 10 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Obhut genommen werden mussten. Die gesetzliche Regelung zu einer bundesweiten Umverteilung, auf die die Planungen abgestellt gewesen seien, sei erst zum 01.11.2015 in Kraft getreten. Relativ schnell wurde festgestellt, dass keine Heimplätze für die Flüchtlinge zur Verfügung standen. Mit dem Jugendhilfeträger KraCh wurde daher kurzfristig eine Alternative geplant. Zunächst wurden die Flüchtlinge in Wohnungen in Lindern untergebracht, die zur Unterbringung von volljährigen Flüchtlingen bereits angemietet waren. Ab Dezember wurden dann vier Wohnungen in der Innenstadt bezogen. Der Vorteil waren die kurzen Wege innerhalb der Stadt und zum Jugendamt, insbesondere zum Vormund, sowie die Tatsache, dass es dort keine gemischte Unterbringung mit anderen Flüchtlingen gebe.

 

Mittlerweile sei die Zahl der betreuten Jugendlichen auf 21 gestiegen, alle seien männlich. Die Nationalitäten verteilten sich wie folgt: Afghanistan 5, Syrien 9, Irak 3, Gambia 3. Ein Jugendlicher sei 14 Jahre, 5 15 Jahre, jeweils 6 16 bzw. 17 Jahre und 3 mittlerweile 18 Jahre alt, denen die Hilfe als Hilfe für junge Volljährige weiter gewährt werde. Neben den Wohngemeinschaften in der Innenstadt, wo 15 Jugendliche lebten, seien 2 junge Menschen im Kinderheim in Dalheim, einer in einer Pflegefamilie und 3 in der Erstaufnahmeeinrichtung in Wegberg-Petersholz untergebracht. Dort gebe es einen von der restlichen Erstaufnahmeeinrichtung separierten, durch die Johanniter betreuten, Teil für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge.

 

16 junge Menschen besuchten an den Berufskollegs in Geilenkirchen und Erkelenz, in der Realschule Heinsberg und in der Hauptschule Wegberg jeweils internationale Förderklassen mit dem vorrangigen Ziel des Spracherwerbs. Die gerade zugewiesenen Jugendlichen bekämen bis zum Schulbesuch Deutschunterricht durch KraCh. Die Erfahrungen mit den jungen Menschen seien sehr positiv. Gerade in der Schule würden diese sehr gut mitwirken und auch noch zusätzlich selbständig zu Hause in Gruppen lernen, um möglichst schnell deutsch zu können. Mehrere hätten bereits eine Anbindung an Fußballvereine, zudem würden alle über Fahrräder verfügen.

 

Die Wohnungen sind sehr ordentlich, die jungen Menschen kümmerten sich eigenständig um den Haushalt. Zwei der in Petersholz untergebrachten Jugendlichen seien aus kulturellen Gründen in einer Gastfamilie gescheitert. Nun würden Heimplätze gesucht, wobei jedoch bereits 100 Einrichtungen angefragt worden seien; dies zeige wie schwierig die Situation insgesamt sei.

 

Die mit KraCh organisierte Hilfe ist die sog. Intensive Sozialpädagogische Einzelbetreuung; die Jugendliche erhielten Leistungen für ihren Lebensunterhalt sowie die Wohnung und würden mit jeweils 15-20 Stunden monatlich betreut.

 

Die der Stadt entstehenden Kosten für Betreuung, Miete und Lebensunterhalt würden zu 100 % vom Land erstattet, zusätzlich erhalte die Stadt eine Verwaltungskostenpauschale von 3.100 € pro Person und Jahr, also rund 65.000 €.

 

Zu den Anmerkungen des Rechnungsprüfungsamtes wies er darauf hin, dass ein Ausschreiben von Jugendhilfeleistungen – wie man es z.B. bei Bauleistungen kenne – grundsätzlich nicht möglich sei. Die Entgelte der Träger werden als Ergebnis einer betriebswirtschaftlichen Berechnung zwischem dem Träger und dem örtlichen Jugendamt vereinbart. Die Auswahl eines Trägers erfolge nach den Erfordernissen des Einzelfalles.

 

Er verwies zudem noch einmal auf das vorgezogene Inkrafttreten des Gesetzes, woraufhin am 06.10.2015 ein „Krisengepräch“ mit den anderen Jugendämtern stattfand, um auf die drastisch verkürzte Planungsdauer zu reagieren. Bekannt war auch, dass die Situation bei den Heimplätzen sehr angespannt war. Nur drei Tage später, am 09.10.2015, einem Freitag, mussten dann bereits 10 Jugendliche in der Erstaufnahmeeinrichtung in Obhut genommen werden. Innerhalb weniger Stunden konnte eine Betreuung durch KraCh, insbesondere über das erste Wochenende, in der Erstaufnahmeeinrichtung organisiert werden. In den nachfolgenden Tagen fanden dann weitere Planungen für die Wohngemeinschaften statt. KraCh konnte aus einer bestehenden Bewerberliste kurzfristig weiteres Personal einstellen und verfügte zudem bereits über eine Mitarbeiterin mit arabischen Sprachkenntnissen. Wie bereits in der letzten Sitzung berichtet, planten die anderen größeren Anbieter vor Ort, wie CoRoGa, die Caritas und das Jugendhaus Franz von Sales zu diesem Zeitpunkt neue stationäre Angebote für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und hatte keine vergleichbaren Kapazitäten frei.

 

Der Stundensatz von KraCh läge im unteren Drittel der Anbieter ambulanter Hilfen. Die Betreuungskosten pro Jugendlichem und Monat lägen bei ca. 500,00 €, dazu kämen dann noch die Kosten für den Lebensunterhalt und die Wohnungen. Damit läge man aber immer noch weit entfernt von den Kosten einer Heimunterbringung von 4.000 – 5.000 € im Monat.