Betreff
Einführung der sozialpädagogischen Diagnostik im Bereich der ambulanten Hilfen zur Erziehung
Vorlage
1493/2019
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

Mit Erlass des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Jahr 1991 hat der Gesetzgeber die sozialpädagogische Familienhilfe als neue Ausgestaltungsform der Hilfe zur Erziehung eingeführt. Die Hilfeart erlangte in den Folgejahren in den Jugendämtern und auch bei den Familiengerichten eine hohe Bedeutung, einerseits zur Vermeidung von Fremdunterbringungen, andererseits als Hilfsangebot zur Stärkung der Erziehungskompetenz in milderen Fallkonstellationen, in denen nach früherem Recht keine Hilfe möglich gewesen wäre. Die Ausführung der vom Jugendamt zu bewilligenden Hilfe erfolgt jeweils durch Beauftragung eines freien Trägers der Jugendhilfe, der auf der Grundlage eines Hilfeplanes mit eigenem Fachpersonal die Arbeit in der Familie leistet.

Das Jugendamt pflegt mit den hiesigen freien Trägern der Jugendhilfe eine gute Zusammenarbeit. Es erfolgen ständige Fach- und Planungsgespräche zur Weiterentwicklung der pädagogischen Angebote der Träger. Der Jugendhilfeausschuss erfährt hiervon regelmäßig im Rahmen der Haushaltsberatungen, in denen Mittel z. B. für neu entwickelte Gruppenangebote bereitgestellt werden. Im Jahr 2015 war es einem Träger in der Hochphase der Flüchtlingskrise gelungen, innerhalb weniger Tage ein sehr erfolgreich verlaufenes Wohnkonzept für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu schaffen.

Alle Jugendämter und auch die freien Träger stellen immer wieder fest, dass die sozialpädagogische Familienhilfe an ihre Grenzen stößt und Hilfeplanziele nicht erreicht werden. Immer wieder zeigen sich Eltern, deren Sozialisation schon seit langer Zeit abgeschlossen ist, nicht bereit oder in der Lage, ihr Verhalten in der Erziehung und im familiären Zusammenleben zu ändern. In der Folge wird die Hilfe ersatzlos beendet oder es erfolgt die Fremdunterbringung des Kindes. Letztlich bedeutet eine solche Situation eine Verschwendung von Zeit, die für die Entwicklung des Kindes ggf. besser hätte genutzt werden können, und von personellen und finanziellen Ressourcen.

Zur Erhöhung der Effizienz der vom Jugendamt zu planenden Hilfen wurde inzwischen die  sozialpädagogische Diagnostik eingeführt. Hierzu wurden im vergangenen Jahr alle Fachkräfte des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) in einer mehrtägigen Inhouse-Schulung qualifiziert.  Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Arbeitsweise besteht darin, dass in neuen Fällen, in denen keine akute Kindeswohlgefährdung besteht, der ASD zunächst nicht einen freien Träger mit der Durchführung einer Sozialpädagogischen Familienhilfe beauftragt. Die ASD – Fachkraft begibt sich stattdessen für drei Monate für eine intensive Arbeit in die Familie, um zusammen mit allen Familienmitgliedern die optimale Problemlösung zu erarbeiten. Als Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Familie keine weiteren Hilfen benötigt oder die Anbindung an ein anderes Hilfeangebot, wie z. B. die Erziehungsberatungsstelle, die Suchtkrankenberatung oder die Jugendarbeit im Zille erfolgt. Bei Bedarf kann eine ambulante Hilfe zur Erziehung mit einem klar umrissenen Auftrag installiert werden. Die Erfolgsaussicht einer solchen Hilfe ist hoch, da die Eltern in der dreimonatigen Phase der Diagnostik stärker als bisher beteiligt werden.  Da die Hilfe viel mehr vom Kind / Jugendlichen aus gedacht wird, wird künftig in weitaus größerem Umfang die Anbindung des Kindes an die Jugendhilfe oder an neu zu entwickelnde pädagogische Gruppenangebote organisiert werden. In diesem Zusammenhang spielt dem Jugendamt der im nachfolgenden Tagesordnungspunkt vorgestellte Ausbau des evangelischen Gemeindezentrums  in die Karten. Es ist angedacht, dass das Jugendamt zusammen mit den freien Trägern Konzepte für neue pädagogische Gruppenangebote entwickelt, die dann niederschwellig im evangelischen Gemeindezentrum stattfinden werden. Auch das Zille wird in Abstimmung mit dem Jugendamt die Bandbreite der erfolgreichen Angebote der Jugendarbeit ausbauen.

In der Sitzung wird Herr Goebbels, Leiter der sozialen Dienste im Jugend- und Sozialamt, ausführlich über die Einführung der sozialpädagogischen Diagnostik berichten.