Betreff
Festsetzung und Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die erstmalige endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen "Hahnrather Busch" und "Auf dem Tecker" im Stadtteil Süggerath
Vorlage
038/2014
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.      Zusammenfassungsentscheidung

 

Die Erschließungsanlagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ bilden eine Erschließungseinheit und werden hiermit gemäß § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB in der zz. geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung zur gemeinsamen Aufwandsermittlung zusammengefasst.

 

2.      Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen

 

      Für die als niveaugleiche Verkehrsflächen hergestellten Erschließungsanlagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ entfällt auf­grund der Eigenart der Ausbauform das in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung geforderte Herstellungsmerkmal beidseitiger, gegen die Fahr­bahn abgegrenzter Gehwege.

 

Satzung

der Stadt Geilenkirchen

über die Festlegung abweichender Herstellungsmerkmale

von Erschließungsanlagen

 

vom 07.05.2014

 

Aufgrund des § 132 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548), in Verbindung mit §§ 7 und 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung vom 14. Juli 1994 (GV. NW. S. 666), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Dezember 2013 (GV. NRW. S. 878) hat der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 07.05.2014 folgende Satzung beschlossen:

§ 1

 

      Für die als niveaugleiche Verkehrsflächen hergestellten Erschließungs­an­lagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ entfällt aufgrund der Eigen­art der Ausbauform das in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Stadt Geilen­kirchen über die Erhebung von Erschließungs­beiträgen vom 03.12.1975 in der zz. gel­ten­den Fassung geforderte Herstellungsmerkmal beid­seitiger, gegen die Fahrbahn ab­ge­grenzter Gehwege.

 

§ 2

 

      Die Satzung tritt rückwirkend zum 01.01.2012 in Kraft.

 

3.   Widmung der Verkehrsanlagen

Die Straße „Hahnrather Busch“ (bestehend aus den in der beigefügten Anlage „01 Widmung Hahnrather Busch“ grau gekennzeichnete Flächen aus den Flurstücken Gemarkung Süggerath, Flur 2, Flurstücke 81, 135 und 138) und die Straße „Auf dem Tecker“ (bestehend aus den Grundstücken Gemarkung Süggerath, Flur 2 Flurstücke 76 und 132 und der in der beigefügten Anlage „02 Widmung Auf dem Tecker“ grau gekennzeichnete Fläche von 12 m² aus dem Grundstück Gemarkung Süggerath, Flur 2, Flurstück 61) werden gemäß § 6 Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nord­rhein-Westfalen (StrWG NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1995 (GV. NW. S. 1028, 1996 S. 81, 141, 216, 355, 2007 S. 327), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 731) für den öffent­lichen Verkehr gewidmet. Sie erhalten die Eigenschaft einer Gemeindestraße nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrWG NW. Träger der Straßenbaulast ist gemäß § 47 StrWG NW die Stadt Geilen­kirchen.

4.   Beschluss über die endgültige Herstellung

 

Gemäß §§ 130, 132 des Baugesetzbuches (BauGB) in der zz. geltenden Fassung, in Verbindung mit § 8 der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschlie­ßungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung, dem Beschluss des Rates über die Zusammenfassung der Erschließungsanlagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ zur gemeinsamen Aufwandsermittlung und dem Beschluss des Rates über die ab­weichende Herstellung von Erschließungs­anlagen vom (Datum der Unterzeichnung der Bekanntmachungsanordnung) wird festgestellt, dass die Erschließungsanlagen end­gül­tig hergestellt sind.

Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung der Erschließungseinheit, bestehend aus den Erschließungsanlagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ erhebt die Stadt Geilenkirchen Erschließungsbeiträge.

Der nach Abzug des Anteiles der Stadt verbleibende beitragsfähige Aufwand wird gemäß § 6 der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt auf die erschlossenen Grundstücke verteilt und anteilmäßig von den Grundstücks­eigen­tümern erhoben.


Sachverhalt:

Die Erschließungsanlagen „Hahnrather Busch“ und „Auf dem Tecker“ wurden im Jahr 2012 hergestellt. Entsprechend ihren Verkehrsfunktionen wurden die Straßen abschnittsweise niveaugleich in Betonpflaster ausgebaut. Jede Verkehrsanlage erhielt eine Mittelrinne zur Straßenentwässerung. Ebenfalls wurden Straßenbeleuchtungs­anlagen installiert.

Bei den erfolgten Baumaßnahmen handelt es sich um die erstmalige endgültige Herstellung von Erschließungsanlagen, für die gemäß § 132 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414) in Verbindung mit der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung von den Eigentümern der durch die Erschließungsanlagen erschlossenen Grundstücke zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Aufwandes Erschließungsbeiträge zu erheben sind. Die Stadt trägt 10 % des entstandenen beitragsfähigen Erschließungsaufwandes.

 

Grundsätzlich ist der beitragsfähige Erschließungsaufwand für jede einzelne Erschließungs­anlage separat zu ermitteln und abzurechnen.

Nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann der Erschließungsaufwand jedoch für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, insgesamt ermittelt und abgerechnet werden.

Voraussetzung für eine solche Ermessensentscheidung ist, dass die Erschließungsanlagen derart voneinander abhängen, dass die Grundstücke erst durch die Gesamtheit dieser Anlagen erschlossen werden. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht u. a. in einem Urteil vom 03.11.1972 ausgeführt, dass mehrere einzelne Erschließungsanlagen nur dann eine Erschließungseinheit bilden, wenn sie ein System darstellten, das gekennzeichnet sei durch einen Funktionszusammenhang zwischen den einzelnen Anlage, der sie, mehr als für das Verhältnis von Erschließungsanlagen üblicherweise zutrifft, zueinander in Beziehung setzt und insofern voneinander abhängig macht. Mit anderen Worten setzt eine Erschließungseinheit die funktionelle Abhängigkeit selbstständiger Erschließungsanlagen voneinander voraus. Als Beispiel für eine solche Abhängigkeit werden hier die klassische selbständige Sackgasse und die Ringstraße genannt, denn diese Anlage münden regelmäßig in eine Hauptstraße ein und sind insofern von dieser abhängig, weil die Anlieger der Sackgasse oder Ringstraße diese Anlage beim Befahren/Verlassen ihrer Sachgasse oder Ringstraße nutzen müssen.

Weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Abrechnung als Erschließungseinheit ist, dass die gemeinsame Abrechnung von Haupt- und Nebenstraße im Vergleich zu einer Einzelabrechnung der Hauptstraße nicht zu einer Mehrbelastung der durch die Hauptstraße erschlossenen Grundstücke führt.

Nach der bisherigen Rechtsprechung stellte die Abrechnung als Erschließungseinheit die absolute Ausnahme vom Prinzip der Einzelabrechnung dar. Im Ergebnis war die Anwendbarkeit damit lediglich auf die o. g. Fälle (selbstständige Sackgasse, selbstständige Ringstraße) beschränkt.

Da die Bildung der Erschließungseinheit zudem im Ermessen der Stadt lag und die Abrechnung wegen der strengen Rechtsprechung sehr risikobehaftet war, wurde davon in Geilenkirchen in den letzten Jahren kein Gebrauch gemacht.

 

Durch Urteil vom 30.01.2013 – BVerwG 9 C 1.12 hat der 9. Senat des Bundesverwaltungs­gerichts (BVerwG) unter Zugrundelegung der Gesichtspunkte der „Vorteilslage“ und der „Vorteilsgerechtigkeit“ seine fast 20 Jahre bestehende Rechtsprechung zu § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB geändert.

So wurde u. a. entschieden, dass unabhängig von einem darauf gerichteten Willen der Gemeinde eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung des beitragsfähigen Aufwandes für die eine Erschließungseinheit bildenden Anlagen bestehe, wenn im Zeitpunkt unmittelbar vor der endgültigen Herstellung der ersten Anlage absehbar ist, dass bei getrennter Abrechnung der sich für die Hauptstraße ergebende Beitragssatz voraussichtlich um mehr als ein Drittel höher sein wird als die jeweils für die Nebenstraße geltenden Beitragssätze.

Fehlt es an einer Zusammenfassungsentscheidung, ist im Streitfall die auf den maßgeblichen Zeitpunkt unmittelbar vor endgültiger Herstellung der ersten Anlage bezogene Prognose der Beitragsbelastung der Anlieger der Hauptstraße im Vergleich zu den Anliegern der Nebenstraße nachträglich vorzunehmen.

 

Durch dieses Urteil werden die in der Vergangenheit sehr eng gefassten Regelungen zur Erschließungseinheit wesentlich erweitert. Beim Vorliegen der entsprechenden Voraus­setzungen zwingt es unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit sogar zur Bildung einer Erschließungseinheit.

 

Im Ergebnis führt dieses Urteil bei der Betrachtung der o. g. Erschließungsanlagen zu folgender rechtlicher Beurteilung:

 

  1. Die Straße „Hahnrather Busch“ bildet von der Einmündung der Straße „Auf der Zömm“ eine selbstständige Erschließungsanlage. Ebenso bildet die Straße „Auf dem Tecker“ ab der Einmündung „Hahnrather Busch“ eine solche selbstständige Erschließungsanlage. Da die Straße „Auf dem Tecker“ als faktische Sackgasse in die Straße „Hahnrather Busch“ einmündet und der Anliegerverkehr über eine Teilfläche der Straße „Hahnrather Busch“ abfließt, bzw. abfließen muss und insoweit auf diese Straße angewiesen ist, besteht eine funktionale Abhängigkeit und das Vorliegen einer Erschließungseinheit ist zu bejahen. Die Straße „Hahnrather Busch“ ist hier als Hauptstraße und die Straße „Auf dem Tecker“ ist als Nebenstraße einzustufen.

 

  1. Eine Vergleich der Beitragssätze hat ergeben, dass die Anlieger der Hauptstraße (Hahnrather Busch) bei einer Einzelabrechnung der Anlagen einen Beitragssatz von 18,25 €/m² anrechenbarer Fläche zahlen müssten, während die Anlieger der Nebenstraße (Auf dem Tecker) lediglich 11,98 €/m² anrechenbarer Fläche zu tragen hätten. Der Beitragssatz für die Hauptstraße übersteigt den Beitragssatz für die Nebenstraße somit um mehr als ein Drittel.

 

Insgesamt liegen die Voraussetzungen zur Zusammenfassung der beiden Erschließungs­anlagen nach dem o. g. Urteil vor, mit der Folge, dass die Verwaltung bei der Entscheidung über die Abrechnung der Anlagen kein Ermessen hat.

Die Anlagen sind zur gemeinsamen Aufwandsermittlung zusammenzufassen.

 

Zusammenstellung des Aufwandes und Berechnung des Beitragssatzes

 

Maß-                                        beitragsfähiger                     Anteil der        umlagefähiger

nahme                                      Erschließungsaufwand        Anlieger          Aufwand____

 

Herstellung der Verkehrs-

Flächen, der Entwässerungs-

anlagen, der Straßenbe-                    345.291,31 €              90%                310.762,18 €

leuchtung

______________________________________________________________________

 

Der nach Abzug des Anteils der Stadt verbleibende umlagefähige Aufwand ist auf die durch die Erschließungsanlagen erschlossenen Grundstücke nach der Grundstücksfläche zu verteilen und anteilmäßig von den Grundstückseigentümern zu erheben. Die Flächen werden hierbei entsprechend ihrer baulichen Ausnutzbarkeit bewertet. Zweigeschossig bebaubare Grundstücke werden mit 125% ihrer Fläche in die Berechnung einbezogen.

Die Summe der bewerteten Grundstücksflächen ist die Abrechnungsfläche. Sie beträgt im vorliegenden Fall 22.499 m². Es ergibt sich somit ein Beitragssatz von

 

            310.762,18 € : 22.499 m² = 13,81 € pro m² Abrechnungsfläche *

 

Zur Abrechnung der Erschließungseinheit, bestehend aus der Erschließungsanlage  „Hahnrather Busch“ und der Erschließungsanlage „Auf dem Tecker“ erforderliche Beschlüsse

 

1.   Zusammenfassungsentscheidung

 

Die Bildung der Erschließungseinheit und die Zusammenfassung der Erschießungsanlagen zur gemeinsamen Aufwandsermittlung muss als Ratsbeschluss ergehen, da eine Beitragspflicht mangels Widmung der Verkehrsanlagen noch nicht erfolgt ist.

 

2.   Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen

 

Voraussetzung zur Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht ist zunächst, dass die ausgebauten Erschließungsanlagen endgültig hergestellt sind, d. h. dass sie die in § 8 der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt festgeschrieben Merkmale der endgültigen Herstellung aufweisen.

Aufgrund der niveaugleichen Herstellung der Vekehrsflächen hat sowohl die Erschließungsanlage „Hahnrather Busch“ als auch die Erschließungsanlage „Auf dem Tecker“ keine beidseitigen, gegen die Fahrbahn abgegrenzten Gehweganlagen. Die Zulässigkeit dieser abweichenden Herstellung ist gemäß § 8 Abs. 3 der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt durch Ratsbeschluss festzulegen. Dieser Beschluss ist dann als Satzung mit Rückwirkung zum 01.01.2012 bekannt zu machen, da die Satzung in Kraft sein muss bevor die Ausbaumaßnahme beendet/abgeschlossen ist.

 

3.   Widmung der Verkehrsanlagen

 

Weitere rechtliche Voraussetzung zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist die Widmung der Verkehrsanlagen, da erst durch die Widmung die Öffentlichkeit der Anlagen hergestellt wird. Zudem entsteht in der Regel erst durch die Widmung die Beitragspflicht.

 

4.   Beschluss über die endgültige Herstellung

 

In Verbindung mit den vorgenannten Beschlüssen kann die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen beschlossen werden.

 

* Die Abrechnung ist durch das Rechnungsprüfungsamt der Stadt noch nicht abschließend geprüft. Daher   können sich bis zur Ratssitzung am 07.05.2014 noch geringfügige Änderungen ergeben.