Beschlussvorschlag:
1.
Zusammenfassungsentscheidung
Die Erschließungsanlagen „Joseph-von-Görres-Straße“, „Wilhelm-Raabe-Straße“ und „Thomas-Mann-Straße“ im Bebauungsplangebiet Nr. 99 bilden eine Erschließungseinheit und werden hiermit gemäß § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB in der zz. geltenden Fassung in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung zur gemeinsamen Aufwandsermittlung zusammengefasst.
2.
Merkmale der
endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen
Für die als niveaugleiche Verkehrsflächen hergestellten Erschließungsanlagen „Wilhelm-Raabe-Straße“ und „Thomas-Mann-Straße“ entfällt aufgrund der Eigenart der Ausbauform das in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung geforderte Herstellungsmerkmal beidseitiger, gegen die Fahrbahn abgegrenzter Gehwege.
Satzung
der
Stadt Geilenkirchen
über
die Festlegung abweichender Herstellungsmerkmale
von
Erschließungsanlagen
vom
……………….
Aufgrund
des § 132 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom
23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert
durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Juni 2013 BGBl. I S. 1548),
in Verbindung mit §§ 7 und 41 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe f der Gemeindeordnung für
das Land Nordrhein-Westfalen (GO NW) in der Fassung vom 14. Juli 1994 (GV. NW. S. 666),
zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
19. Dezember 2013 (GV. NRW. S. 878) hat der Rat der
Stadt in seiner Sitzung am 10.09.2014 folgende Satzung beschlossen:
§ 1
Für die als niveaugleiche Verkehrsflächen
hergestellten Erschließungsanlagen „Wilhelm-Raabe-Straße“ und
„Thomas-Mann-Straße“ im Bebauungsplangebiet Nr. 99 entfällt aufgrund der Eigenart
der Ausbauform das in § 8 Abs. 1 Buchst. b der Satzung der Stadt Geilenkirchen
über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden
Fassung geforderte Herstellungsmerkmal beidseitiger, gegen die Fahrbahn abgegrenzter
Gehwege.
§ 2
Die Satzung tritt rückwirkend zum
01.01.2013 in Kraft.
3.
Widmung der Verkehrsanlagen
Die Joseph-von-Görres-Straße
(Grundstück Gemarkung Geilenkirchen, Flur 18, Flurstück 321), die
Wilhelm-Raabe-Straße (Grundstück Gemarkung Geilenkirchen, Flur 18, Flurstück
316) und die Thomas-Mann-Straße (Grundstück Gemarkung Geilenkirchen, Flur 18,
Flurstück 327) werden gemäß § 6 Abs. 1 des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen
(StrWG NW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1995
(GV. NW. S. 1028, 1996 S. 81, 141, 216, 355, 2007 S. 327),
zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
22. Dezember 2011 (GV. NRW. S. 731) für den öffentlichen
Verkehr gewidmet. Sie erhalten jeweils die Eigenschaft einer Gemeindestraße
nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrWG NW. Träger der
Straßenbaulast ist gemäß § 47 StrWG NW die Stadt Geilenkirchen.
4. Beschluss über die endgültige Herstellung
Gemäß §§ 130, 132 des Baugesetzbuches (BauGB)
in der zz. geltenden Fassung, in Verbindung mit § 8 der Satzung der Stadt
Geilenkirchen über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in
der zz. geltenden Fassung, dem Beschluss des Rates über die Zusammenfassung der
Erschließungsanlagen „Joseph-von-Görres-Straße“, „Wilhelm-Raabe-Straße“ und
„Thomas-Mann-Straße“ zur gemeinsamen Aufwandsermittlung und dem Beschluss des
Rates über die abweichende Herstellung von Erschließungsanlagen vom (Datum
der Unterzeichnung der Bekanntmachungsanordnung) wird festgestellt, dass die
Erschließungsanlagen endgültig hergestellt sind.
Zur Deckung des
anderweitig nicht gedeckten Aufwandes für die Herstellung der
Erschließungseinheit, bestehend aus den Erschließungsanlagen
„Joseph-von-Görres-Straße“, „Wilhelm-Raabe-Straße“ und „Thomas-Mann-Straße“
erhebt die Stadt Geilenkirchen Erschließungsbeiträge.
Der nach Abzug des Anteiles der Stadt verbleibende beitragsfähige Aufwand wird gemäß § 6 der Erschließungsbeitragssatzung der Stadt auf die erschlossenen Grundstücke verteilt und anteilmäßig von den Grundstückseigentümern erhoben.
Sachverhalt:
Die Erschließungsanlagen „Joseph-von-Görres-Str.“, „Wilhelm-Raabe-Str.“ und „Thomas-Mann-Str.“ im Bebauungsplangebiet Nr. 99 wurden in den Jahren 2013/2014 hergestellt. Die Joseph-von-Görres-Straße wurde in konventioneller Bauweise, d. h. mit Fahrbahn in Asphalt, beidseitigen Straßenentwässerungsanlagen und abgesetzten Gehwegen ausgebaut.
Die Wilhelm-Raabe-Straße und die Thomas-Mann-Straße wurden niveaugleich in Pflaster hergestellt. Zur Straßenentwässerung erhielten beide Verkehrsanlagen eine Mittelrinne aus Formsteinen.
Ebenfalls wurden in allen Verkehrsanlagen moderne Straßenbeleuchtungsanlagen installiert.
Bei den erfolgten Baumaßnahmen
handelt es sich um die erstmalige endgültige Herstellung von
Erschließungsanlagen, für die gemäß § 127 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414)
in Verbindung mit der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von
Erschließungsbeiträgen vom 03.12.1975 in der zz. geltenden Fassung von den
Eigentümern der durch die Erschließungsanlagen erschlossenen Grundstücke zur
Deckung des anderweitig nicht gedeckten Aufwandes Erschließungsbeiträge zu
erheben sind. Die Stadt trägt 10 % des entstandenen beitragsfähigen
Erschließungsaufwandes.
Grundsätzlich ist der beitragsfähige
Erschließungsaufwand für jede einzelne Erschließungsanlage separat zu
ermitteln und abzurechnen.
Nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann der
Erschließungsaufwand jedoch für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der
Grundstücke eine Einheit bilden, insgesamt ermittelt und abgerechnet werden.
Voraussetzung für eine solche
Ermessensentscheidung ist, dass die Erschließungsanlagen derart voneinander
abhängen, dass die Grundstücke erst durch die Gesamtheit dieser Anlagen
erschlossen werden. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht u. a. in einem
Urteil vom 03.11.1972 ausgeführt, dass mehrere einzelne Erschließungsanlagen
nur dann eine Erschließungseinheit bilden, wenn sie ein System darstellten, das
gekennzeichnet sei durch einen Funktionszusammenhang zwischen den einzelnen
Anlage, der sie, mehr als für das Verhältnis von Erschließungsanlagen
üblicherweise zutrifft, zueinander in Beziehung setzt und insofern voneinander
abhängig macht. Mit anderen Worten setzt eine Erschließungseinheit die
funktionelle Abhängigkeit selbstständiger Erschließungsanlagen voneinander
voraus. Als Beispiel für eine solche Abhängigkeit werden hier die klassische
selbständige Sackgasse und die Ringstraße genannt, denn diese Anlage münden
regelmäßig in eine Hauptstraße ein und sind insofern von dieser abhängig, weil
die Anlieger der Sackgasse oder Ringstraße diese Anlage beim Befahren/Verlassen
ihrer Sachgasse oder Ringstraße nutzen müssen.
Weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal
für die Abrechnung als Erschließungseinheit ist, dass die gemeinsame Abrechnung
von Haupt- und Nebenstraßen im Vergleich zu einer Einzelabrechnung der
Hauptstraße nicht zu einer Mehrbelastung der durch die Hauptstraße
erschlossenen Grundstücke führt.
Nach der bisherigen Rechtsprechung stellte
die Abrechnung als Erschließungseinheit die absolute Ausnahme vom Prinzip der
Einzelabrechnung dar. Im Ergebnis war die Anwendbarkeit damit lediglich auf die
o. g. Fälle (selbstständige Sackgasse, selbstständige Ringstraße) beschränkt.
Da die Bildung der Erschließungseinheit
zudem im Ermessen der Stadt lag und die Abrechnung wegen der strengen
Rechtsprechung sehr risikobehaftet war, wurde davon in Geilenkirchen in den
letzten Jahren kein Gebrauch gemacht.
Durch Urteil vom 30.01.2013 – BVerwG 9 C
1.12 hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) unter
Zugrundelegung der Gesichtspunkte der „Vorteilslage“ und der
„Vorteilsgerechtigkeit“ seine fast 20 Jahre bestehende Rechtsprechung zu § 130
Abs. 2 Satz 3 BauGB geändert.
So wurde u. a. entschieden, dass eine
Erschließungseinheit auch dann vorliegt, wenn von derselben Hauptstraße nicht
nur eine, sondern mehrere funktional von ihr abhängige Nebenstraßen abzweigen.
Weiterhin wurde entschieden, dass unabhängig von einem darauf gerichteten
Willen der Gemeinde eine Pflicht zur gemeinsamen Abrechnung des beitragsfähigen
Aufwandes für die eine Erschließungseinheit bildenden Anlagen besteht, wenn im
Zeitpunkt unmittelbar vor der endgültigen Herstellung der ersten Anlage
absehbar ist, dass bei getrennter Abrechnung der sich für die Hauptstraße
ergebende Beitragssatz voraussichtlich um mehr als ein Drittel höher sein wird
als die jeweils für die Nebenstraße geltenden Beitragssätze.
Fehlt es an einer
Zusammenfassungsentscheidung, ist im Streitfall die auf den maßgeblichen
Zeitpunkt unmittelbar vor endgültiger Herstellung der ersten Anlage bezogene
Prognose der Beitragsbelastung der Anlieger der Hauptstraße im Vergleich zu den
Anliegern der Nebenstraße nachträglich vorzunehmen.
Durch dieses Urteil werden die in der
Vergangenheit sehr eng gefassten Regelungen zur Erschließungseinheit wesentlich
erweitert. Beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zwingt es unter
dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit sogar zur Bildung einer
Erschließungseinheit.
Im Ergebnis führt dieses Urteil bei der
Betrachtung der o. g. im Bebauungsplangebiet Nr. 99 liegenden Erschließungsanlagen
zu folgender rechtlicher Beurteilung:
- Die
Joseph-von-Görres-Straße bildet von der Einmündung der Quimperléstraße
eine selbstständige Erschließungsanlage. Ebenso sind die Wilhelm-Raabe-Straße
und die Thomas-Mann-Straße als Ringstraßen, die in die
Joseph-von-Görres-Straße einmünden, selbstständige Erschließungsanlagen. Der
Verkehr aus beiden Straßen muss über die Joseph-von-Görres-Straße in
Richtung Quimperléstraße abfließen, da wegen erfolgter Abpollerungen eine
andere Verbindung zum öffentlichen Verkehrsnetz der Stadt nicht besteht.
Insoweit ist sowohl die Wilhelm-Raabe-Straße als auch die
Thomas-Mann-Straße auf die Joseph-von-Görres-Straße angewiesen und es
besteht eine funktionelle Abhängigkeit mit der Folge, dass das Vorliegen
einer Erschließungseinheit zu bejahen ist. Die Joseph-von-Görres-Straße
ist hier als Hauptstraße und die Wilhelm-Raabe-Straße und die
Thomas-Mann-Straße sind als Nebenstraßen einzustufen.
- Eine
Vergleich der Beitragssätze hat ergeben, dass die Anlieger der Hauptstraße
(Joseph-von-Görres-Straße) bei einer Einzelabrechnung der Anlagen einen
Beitragssatz von 42,45 €/m² anrechenbarer Fläche zahlen müssten, während
die Anlieger der Wilhelm-Raabe-Straße lediglich 15,62 €/m² und die
Anlieger der Thomas-Mann-Straße lediglich 14,57 €/m² anrechenbarer Fläche
zu tragen hätten. Der Beitragssatz für die Hauptstraße übersteigt den
Beitragssatz für die Nebenstraßen somit um mehr als ein Drittel.
Insgesamt liegen die Voraussetzungen zur
Zusammenfassung der Erschließungsanlagen nach dem o. g. Urteil vor, mit der
Folge, dass die Verwaltung bei der Entscheidung über die Abrechnung der Anlagen
kein Ermessen hat.
Die Anlagen sind zur gemeinsamen Aufwandsermittlung
zusammenzufassen.
Zusammenstellung
des Aufwandes und Berechnung des Beitragssatzes
Maß- beitragsfähiger Anteil der umlagefähiger
nahme Erschließungsaufwand Anlieger Aufwand____
Herstellung der Verkehrs-
Flächen, der Entwässerungs-
anlagen, der Straßenbe- 352.899,72 € 90% 317.609,75 €
leuchtung
______________________________________________________________________
Der nach Abzug des Anteils der Stadt
verbleibende umlagefähige Aufwand ist auf die durch die Erschließungsanlagen
erschlossenen Grundstücke nach der Grundstücksfläche zu verteilen und
anteilmäßig von den Grundstückseigentümern zu erheben. Die Flächen werden
hierbei entsprechend ihrer baulichen Ausnutzbarkeit bewertet. Zweigeschossig
bebaubare Grundstücke werden mit 125% ihrer Fläche in die Berechnung
einbezogen.
Die Summe der bewerteten Grundstücksflächen
ist die Abrechnungsfläche. Sie beträgt im vorliegenden Fall 24.675 m². Es
ergibt sich somit ein Beitragssatz von
317.609,75
€ : 24.675 m² = 12,87 € pro m²
Abrechnungsfläche *
Zur
Abrechnung der Erschließungseinheit, bestehend aus der Erschließungsanlage „Joseph-von-Görres-Straße“, der
Erschließungsanlage „Wilhelm-Raabe-Straße und der Erschließungsanlage
„Thomas-Mann-Straße im Bebauungsplangebiet Nr. 99 erforderliche Beschlüsse
1. Zusammenfassungsentscheidung
Die Bildung der
Erschließungseinheit und die Zusammenfassung der Erschließungsanlagen zur
gemeinsamen Aufwandsermittlung muss als Ratsbeschluss ergehen.
2. Merkmale der endgültigen Herstellung der
Erschließungsanlagen im Bebauungsplangebiet Nr. 99
Voraussetzung zur
Entstehung der Erschließungsbeitragspflicht ist zunächst, dass die ausgebauten
Erschließungsanlagen endgültig hergestellt sind, d. h. dass sie die in § 8 der
Erschließungsbeitragssatzung der Stadt festgeschrieben Merkmale der endgültigen
Herstellung aufweisen.
Aufgrund der
niveaugleichen Herstellung der Verkehrsflächen hat sowohl die
Erschließungsanlage „Wilhelm-Raabe-Straße“ als auch die Erschließungsanlage „Thomas-Mann-Straße“
keine beidseitigen, gegen die Fahrbahn abgegrenzten Gehweganlagen. Die
Zulässigkeit dieser abweichenden Herstellung ist gemäß § 8 Abs. 3 der
Erschließungsbeitragssatzung der Stadt durch Ratsbeschluss festzulegen. Dieser
Beschluss ist dann als Satzung mit Rückwirkung zum 01.01.2013 bekannt zu
machen, da die Satzung in Kraft sein muss bevor die Ausbaumaßnahme
beendet/abgeschlossen ist.
3. Widmung der Verkehrsanlagen
Weitere rechtliche
Voraussetzung zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen ist die Widmung der
Verkehrsanlagen, da erst durch die Widmung die Öffentlichkeit der Anlagen
hergestellt wird. Zudem entsteht in der Regel erst durch die Widmung die
Beitragspflicht.
4. Beschluss über die endgültige Herstellung
In Verbindung mit
den vorgenannten Beschlüssen kann die endgültige Herstellung der
Erschließungsanlagen beschlossen werden.
* Die Abrechnung ist durch das Rechnungsprüfungsamt der Stadt noch nicht abschließend geprüft. Daher können sich noch geringfügige Änderungen ergeben.