Betreff
Antrag auf Aufstellung einer Ergänzungssatzung gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB in Geilenkirchen-Bauchem, Nierstraßer Weg
- Beratung über die Einleitung des Bauleitplanverfahrens (Aufstellungsbeschluss)
- Beschluss über den Abschluss einer Planungsvereinbarung
Vorlage
540/2016
Aktenzeichen
61 28 40
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss möge über die Aufstellung der Ergänzungssatzung Nierstraßer Weg sowie den Abschluss einer Planungsvereinbarung mit dem Antragsteller beraten und einen Beschlussvorschlag für den Rat der Stadt Geilenkirchen verabschieden.


Sachverhalt:

 

Der Eigentümer des Grundstückes Gemarkung Geilenkirchen, Flur 59, Parzelle 462 wandte sich an die Stadtverwaltung mit dem Antrag, sein Grundstück durch Ergänzungssatzung gem. § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB teilweise in den unbeplanten Innenbereich einzubeziehen (vgl. oben abgebildeter Lageplan).

 

Das Grundstück liegt am Ende des Nierstraßer Weges und ist bis dato unbebaut. Westlich des Grundstückes befindet sich das heute mit verschiedenen Sträuchern bewachsene Grundstück der ehemaligen Trasse der Selfkantbahn, im Anschluss daran verläuft ein Feldweg, der den bebauten Bereich deutlich von den westlich angrenzenden Ackerflächen abgrenzt.

 

Grundsätzlich besteht gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB die Möglichkeit, einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einzubeziehen. Voraussetzung dafür ist, dass die einzubeziehenden Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereiches entsprechend geprägt sind. § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB kommt vor allem dort Bedeutung zu, wo die vorhandene Bebauung zwar die angrenzende Fläche noch städtebaulich mitprägt, aber die Fläche selbst unbebaut ist und daher bereits zum Außenbereich gehört.

Eine derartige Prägung liegt hier vor. Zwischen der vorhandenen Bebauung Nierstraßer Weg 16 und der parallel zum Feldweg verlaufenden Hecke liegt eine Wiese ohne weitere Pflanzen. Hierdurch ergibt sich gleichsam der optische Eindruck einer „Baulücke“, man kann sich gut vorstellen, dass dort noch ein Haus steht, während der Feldweg die Bebauung scharf von den Ackerflächen abgrenzt.

 

Eine Ergänzungssatzung scheidet aus, wenn die Umgebungsbebauung so diffus ist, dass sie keine prägende Wirkung auf die nicht bebaute Fläche ausüben kann. Dies ist hier nicht der Fall. Die Umgebungsbebauung orientiert sich geordnet an der Straße Nierstraßer Weg. Die Bebauung an dieser Straße gehört zum sog. faktischen Innenbereich durch eine historisch gewachsene Bebauung. Eine Prägung setzt voraus, dass dem angrenzenden Innenbereich im Hinblick auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die überbaubare Grundstücksfläche die erforderlichen Zulässigkeitsmerkmale für die Bebaubarkeit entnommen werden können. Es muss eine im Hinblick auf die städtebauliche Entwicklung konfliktfreie bauliche Nutzung möglich sein. Dies ist hier der Fall. Die Bebauung an der Straße Nierstraßer Weg stellt sich überwiegend einheitlich dar, aus ihr kann ein Maßstab für die Beurteilung neuer Bauvorhaben hergeleitet werden. Eine Prägung des Grundstückes im Sinne der Vorschrift liegt damit vor.

 

Die Voraussetzung des § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB ist somit erfüllt, die Ergänzungssatzung könnte aufgestellt werden, wenn auch die weiteren Voraussetzungen nach Abs. 5 der Vorschrift erfüllt sind.

 

Gemäß § 34 Abs. 5 Nr. 1 BauGB muss die Satzung mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein.

 

Mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ist es zum Beispiel nicht vereinbar, wenn für die betreffenden Grundstücke im Flächennutzungsplan eine mit der Einbeziehung in den Innenbereich nicht zu vereinbarende städtebaulich bedeutsame Funktion dargestellt ist, die durch die Einbeziehung des Grundstücks in den Innenbereich zunichte gemacht würde. Sofern der Flächennutzungsplan jedoch andere Nutzungsmöglichkeiten nicht gezielt ausschließt, wie z.B. bei der bloßen Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft, steht dies einer Einbeziehung in einer Innenbereichssatzung nicht entgegen. Dies ist hier vorliegend der Fall, das Grundstück ist als „Fläche für die Landwirtschaft“ im Flächennutzungsplan der Stadt Geilenkirchen dargestellt.

 

Auch die Erschließung ist unproblematisch durch die vorhandenen Erschließungsanlagen im Nierstraßer Weg.

 

Bei dem geplanten Vorhaben (Wohnbebauung) ist auch nicht die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, so dass auch diese Voraussetzung gemäß § 34 Abs. 5 Nr. 2 BauGB erfüllt ist.

 

Im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter (die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete, § 34 Abs. 5 Nr. 3 BauGB).

 

Das Grundstück liegt aber im Geltungsbereich des Landschaftsplanes I/2 Teverener Heide, es gilt die Festsetzung „Gebiet mit Schutz des gesamten Bestandes bestimmter Landschaftsbestandteile, Ziffer 2.4 – 60, Ortseingrünung Bauchem“. Heutzutage stellt sich das Grundstück als Weide dar. Die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Heinsberg hat signalisiert, den Landschaftsschutz für das in Rede stehende Grundstück auf Antrag unter der Voraussetzung entsprechender Kompensationsmaßnahmen aufzuheben.

 

Der Antragsteller hat der Verwaltung und der Unteren Landschaftsbehörde seine Planvorstellungen dargelegt, nach denen auf dem hinteren Teil des Grundstückes eine Obstwiese über den erforderlichen Kompensationsumfang hinaus angelegt werden soll. Die Obstwiese soll durch die Anlage einer neuen Schnitthecke vom restlichen Grundstück abgetrennt werden, so dass sie sich ungestört entwickeln kann. Die am westlichen Rand des Grundstückes parallel zum Feldweg verlaufende Hecke könnte und sollte als zu erhalten festgesetzt werden. Die längs des Nierstraßer Weges verlaufende Hecke müsste im Falle einer Bebauung wahrscheinlich mehr oder weniger wegfallen.

 

Im Rahmen eines Satzungsverfahrens wären von dem Antragsteller eine „Ökobilanz“ (Berechnung zum Ausgleich des Eingriffs in Natur und Landschaft durch Kompensationsmaßnahmen, vorliegend geplant ist eine Obstwiese) und eine Artenschutzprüfung vorzulegen, so dass in dieser Hinsicht die Belange von Natur und Landschaft gewürdigt werden. Die Untere Landschaftsbehörde würde im Satzungsverfahren wie üblich beteiligt.

 

Die Entscheidung, ob eine Satzung aufgestellt werden soll, unterliegt der Planungshoheit der Gemeinde. Dagegen könnte sprechen, dass das Grundstück aktuell dem Landschaftsschutz unterliegt, auch wenn die Untere Landschaftsbehörde bereits ihr Einverständnis signalisiert hat. Für die Aufstellung der Satzung und somit der Entwicklung von Bauland würde sprechen, dass damit der zusammenhängende Ortsteil endgültig abgeschlossen wird und kein weiteres Außenbereichsgrundstück in Anspruch genommen wird und auch in Zukunft die Entwicklung in den Außenbereich hinein abgeschlossen ist. Durch die zu erhaltende Hecke parallel zum Wirtschaftsweg und den auch zukünftig geschützten Grünstreifen (ehemalige Bahntrasse) zwischen dem Grundstück und dem Feldweg würde eine echte Ortsrandeingrünung vorliegen, die eine Zäsur zwischen Innen- und Außenbereich bilden würde. Die geplante Obstwiese würde das Grundstück im Vergleich zu heute aufwerten.

 

Letztlich liegt es aber in der Entscheidungsfreiheit des Rates der Stadt Geilenkirchen, welchen Belangen er den Vorzug gibt.

 

Die Ergänzungssatzung hat planungsrechtliche Auswirkungen und geht über eine deklaratorische Festsetzung hinaus. Die Satzung ist gemäß § 34 Abs. 6 BauGB im sog. vereinfachten Verfahren aufzustellen.

 

Mit einem Aufstellungsbeschluss, würde das Verfahren zur Aufstellung der Ergänzungssatzung eingeleitet. Um die Finanzierung des Bauleitplanverfahrens und die näheren Bedingungen zu regeln, wäre mit dem Antragsteller eine Planungsvereinbarung (s. Anl.) zu schließen. Der Antragsteller hat sich mit den Bedingungen der Vereinbarung durch seine Unterschrift (liegt der Verwaltung vor) bereits einverstanden erklärt.


Finanzierung:

 

Der Eigentümer des Grundstückes wird vertraglich verpflichtet, die Kosten der Planung zu tragen.


Anlagen:

 

Planungsvereinbarung

Luftbild