Betreff
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung einer Tempo-30-Zone im Verlauf der Herzog-Wilhelm-Straße von der Kreuzung Am Mausberg/Theodor-Heuss-Ring stadteinwärts
Vorlage
055/2016
Aktenzeichen
36 72 32
Art
Anträge

Beschlussvorschlag:

 

Der Antrag wird abgelehnt.


Sachverhalt:

 

Zu beachtende Rechtsgrundlagen für die verkehrsrechtliche Anordnung von Geschwindigkeitszonen:

  • § 39 Abs. 1 a Straßenverkehrsordnung (StVO)
  • § 41 Abs. 1, Nr. 7 StVO – Zeichen 274.1 und Zeichen 274.2 Beginn/Ende einer Zone
  • § 45 Abs. 1 c, 1 d StVO – verkehrliche Grundvoraussetzungen für die Anordnung einer Geschwindigkeitszone
  • Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) zur den Zeichen 274.1 und 274.2 sowie VwV-StVO zu § 45 StVO – verkehrliche und infrastrukturelle Voraussetzungen für die Einrichtung einer Geschwindigkeitszone

 

 

Aus den vorgenannten Rechtsvorschriften ergeben sich konkrete sachliche und fachliche Voraussetzungen für die Einrichtung einer Tempo-30-Zone.

Der Eingang einer Zone – hier Tempo 30 – ist durch markante infrastrukturelle Elemente zu gestalten und hervorzuheben, damit jeder Verkehrsteilnehmer ohne Zweifel erkennen kann, dass er sich in eine Tempo-30-Zone hinein bewegt. Diese Gestaltung hat für die Funktionalität besondere und wichtige Bedeutung. Darüber hinaus hat der gesamte Verlauf des Verkehrsbereichs den spezifischen Charakter einer Zone aufzuweisen, der durch gestalterische Elemente und Möblierung auch ein entsprechendes Zonenbewußtsein bei allen Verkehrsteilnehmern erzeugt. Zonengeschwindigkeitsbeschränkungen kommen nur dort in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist. Sie dienen vorrangig dem Schutz der Wohnbevölkerung sowie der Fußgänger und Fahrradfahrer. Ein weitgehend einheitliches Erscheinungsbild der Straßen innerhalb der Zone soll sichergestellt werden. In Tempo-30-Zonen gilt grundsätzlich „Rechts-vor-Links“. Diese Regelung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft und sollte nur dann gelten, wenn die kreuzenden Straßen einen gleichen Querschnitt und eine annährend gleiche Verkehrsbedeutung und -menge aufweisen. Es darf für den ortsfremden Verkehrsteilnehmer nicht der Eindruck entstehen, sich auf einer bevorrechtigten Straße zu befinden. Aus den VwV-StVO geht hervor, dass „Rechts-vor-Links“ nicht in Straßen gelten soll, in denen öffentliche Verkehrsmittel linienmäßig verkehren. Im Detail müssen für eine nach den Bestimmungen der StVO sachlich, fachlich und vor allem auch rechtlich vertretbare Anordnung einer Tempo-30-Zone die vorgenannten Voraussetzungen grundsätzlich kumulativ vorliegen.

Beim angesprochenen Bereich der Herzog-Wilhelm-Straße handelt es sich um eine ehemalige Landstraße – L 364 -, die nach wie vor in ihrem gesamten Verlauf in Ausbauart und –weise einer prägnanten Vorfahrtstraße entspricht und somit keinerlei Voraussetzung für die Anordnung einer Tempo-30-Zone aufweist. Aufgrund der jetzigen Verkehrsstruktur und ‑situation sowie der oben aufgeführten infrastrukturellen und verkehrlichen Voraussetzungen für Tempo-30-Zonen ist eine Umsetzung des Antrages faktisch und rechtlich nicht möglich.

Aus den vorgenannten Gründen würde auch die im Anordnungsverfahren zu beteiligende Kreispolizeibehörde einer derartigen Anordnung wegen nicht vorhandener StVO-Konformität keine Zustimmung erteilen.

 

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die durch Verkehrszeichen getroffenen Anordnungen der Straßenverkehrsbehörde Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen sind. Ihre Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit ist daher zwingend von der Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen abhängig. Diese Anordnungen zur Regelung des Straßenverkehrs gehören zu den staatlichen Aufgaben, die von den Kommunen als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen werden und gehören demnach nicht zu den Angelegenheiten des gemeindeeigenen durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Wirkungskreises der Kommunen. Regelungen des Straßenverkehrs sind keine gemeindeeigenen Angelegenheiten, sondern wie oben aufgeführt staatliche Aufgaben. Daraus folgt, dass die Straßenverkehrsbehörden nur an Weisungen der staatlichen Fachaufsicht gebunden sind und insoweit nicht an Beschlüsse kommunaler Gremien. Das Straßenverkehrsrecht unterliegt nicht dem gemeindlichen Selbstverwaltungsrecht.