Betreff
Änderung der Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten für Kinder in Tageseinrichtungen und in Tagespflege im Jugendamtsbezirk Geilenkirchen
Vorlage
654/2016
Art
Vorlage

Sachverhalt:

 

Die derzeitige Satzung der Stadt Geilenkirchen über die Erhebung von Elternbeiträgen sieht vor, auch dann einen Elternbeitrag für ein Kind zu erheben, wenn mehrere Kinder einer Familie ein Betreuungsangebot in einer Kita oder in der Kindertagespflege wahrnehmen und ein oder mehrere Vorschulkinder von der Beitragspflicht befreit sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Regelung wurde in einem hier anhängigen Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen mit Beschluss aus Dezember 2012 zunächst bestätigt.

 

Das Oberverwaltungsgericht Münster erklärte jedoch durch Urteil vom 07.06.2016 eine Regelung in der Elternbeitragssatzung der Stadt Kempen im Hinblick auf die Erhebung von Elternbeiträgen für die Betreuung von Geschwisterkindern von Vorschulkindern für rechtswidrig und nichtig. Da die ursprüngliche Regelung der Stadt Kempen genau dem Regelungsinhalt der hiesigen Satzung entspricht, ist auch diese zwischenzeitlich als nicht rechtmäßig und nichtig anzusehen.

 

Nach Eintritt der Rechtskraft des vorgenannten Urteils ist die Verwaltung dazu übergangen, für Geschwisterkinder von Vorschulkindern bis auf Weiteres keine Elternbeiträge zu erheben. Da das Urteil sich bereits auf das Kindergartenjahr 2014/2015 bezieht, erfolgt in den Fällen, in denen Beiträge für Geschwisterkinder erhoben worden sind, eine rückwirkende Aufhebung der Beitragsfestsetzung und die jeweils entsprechende Erstattung der bereits gezahlten Beiträge an die Eltern. Für den zurück liegenden Zeitraum kalkuliert die Verwaltung mit einem Erstattungsvolumen von etwa 130.000 €, das das Elternbeitragsaufkommen im Haushaltsjahr 2016 entsprechend reduzieren und zu einer Mindereinnahme führen wird.

 

Unter Berücksichtigung der derzeitigen Belegungssituation in den Kindertageseinrichtungen sowie des Buchungsverhaltens und der Einkommenssituation der Eltern zieht die Beitragsfreiheit der Geschwisterkinder aktuell ein jährliches Beitragsdefizit i. H. v. etwa 67.000 € nach sich. Da sich die Beitragsbefreiung von Vorschulkindern auch auf die Einnahmen im Bereich der Kindertagespflege auswirkt, ist von einem Gesamtdefizit i. H. v. etwa 72.000 € jährlich auszugehen.

 

Mit Blick auf den Gesamthaushalt plädiert die Verwaltung dafür, das entstehende Beitragsdefizit durch eine geeignete Anpassung der Satzung sowie der Elternbeiträge auszugleichen.

 

Eine erste vom Gesetzgeber erlaubte Variante wäre der Erlass einer Satzung, die eine Beitragspflicht für alle Kinder vorsieht, die ein Betreuungsangebot in einer Kindertageseinrichtung bzw. in der Kindertagespflege wahrnehmen. Hier wäre dann lediglich von den Eltern für die Vorschulkinder im Rahmen der gesetzlichen Beitragsfreiheit kein Beitrag zu zahlen. Um in dieser Konstellation das bisherige Beitragsaufkommen erreichen zu können, wären die Beiträge der derzeit geltenden Beitragstabelle  auf 87% abzusenken.

Erkennbar wird hier, dass in diesem Fall Eltern und Familien mit einem einzigen beitragspflichtigen Kind einen finanziellen Vorteil erlangen. Eltern mit zwei oder mehr beitragspflichtigen Kindern hingegen würden finanziell erheblich mehr belastet.

 

Die zweite rechtlich zulässige Variante wäre die Einführung einer Beitragsbefreiung von Geschwisterkindern von Vorschulkindern bei gleichzeitiger Anhebung der aktuell in Geilenkirchen geltenden Beiträge auf das Beitragsniveau des Kreises Heinsberg und der weiteren kreisangehörigen Jugendamtsbezirke. Hierdurch könnte nach dem aktuellen Stand das derzeit eingetretene Beitragsdefizit vorübergehend aufgefangen werden. Ab dem 01.08.2017 wären die Beiträge ohnehin wieder auf demselben Niveau.

 

Die vorzeitige Anpassung der Beitragstabelle an das im Kreis übliche Niveau würde das politisch vom Jugendhilfeausschuss formulierte Ziel einer schrittweisen Beitragsanpassung zeitlich etwas vorwegnehmen. Mit der Beibehaltung der kreiseinheitlichen Tabellenstruktur würde den anerkannten sozialen Kriterien der einkommens- und bedarfsabhängigen Beitragsfestsetzung weiterhin Rechnung getragen werden können.

 

Als dritte Variante wäre eine Abänderung der Beitragstabelle des Kreises Heinsberg dahingehend denkbar, dass die untere Einkommensstufe angehoben würde, um einem größeren Kreis der unteren Einkommensgruppen Beitragsfreiheit für Betreuungsangebote bieten zu können. Dies entspricht einer Forderung des Landeselternbeirates. Allerdings würde dies zu weiteren Beitragsausfällen führen. Sofern diese ausgeglichen werden sollten, müssten die Beiträge insgesamt über das kreiseinheitliche Niveau hinaus angehoben werden.

 

Für die Zukunft sollte dann in der beschlossenen Variante, wie bislang schon in der Satzung vorgesehen, eine jährliche Erhöhung der Beiträge jeweils zum 01.08. um 1,5 % erfolgen.

 

Übersichten über die finanziellen Auswirkungen der einzelnen Varianten sind der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Zu beachten ist jedoch, dass eine rückwirkende Satzungsänderung rechtlich nicht möglich ist, ebenso können die Beitragsbescheide nur mit Wirkung für die Zukunft abgeändert werden. Bei etwa 950 zu erlassenden Bescheiden sowie den damit verbundenen Programmeingaben benötigt die Verwaltung dafür einen Vorlauf von ca. drei Monaten ab dem Beschluss zur Änderung der Satzung durch den Rat. Vor diesem Hintergrund sollte eine Änderung der Satzung erst zum 01.04.2017 in Kraft treten.

 

Eine weitest gehende Kompensation der hierdurch entstehenden weiteren Ausfälle im laufenden Kindergartenjahr könnte dadurch erreicht werden, dass die dann für den 01.08.2017 angedachte nächste Erhöhung um 1,5 % auf den 01.04.2017 vorgezogen wird. Für die Beitragspflichtigen ergäbe sich so ein Zeitraum von vier Monaten mit etwas höheren Beiträgen bei gleichzeitig acht Monaten ohne Beitragserhöhung. Durch diese Verfahrensweise könnte auch erheblicher Verwaltungs- und Sachaufwand eingespart werden.

 

Beispielhaft sind eine aktuelle Beitragstabelle sowie die Tabellen mit dem Beitragsniveau des Kreises Heinsberg ab dem 01.08.2016 bzw. ab 01.08.2017 (Variante 2) der Vorlage als Anlage beigefügt.

 

Die Verwaltung schlägt vor, dass der Jugendhilfeausschuss dem Rat eine Variante für eine Satzungsänderung ab dem 01.04.2017 empfiehlt. Zur Ratssitzung könnte dann ein entsprechender Satzungsentwurf mit konkreten Beitragstabellen vorgelegt werden.