Betreff
Erneute Beratung über das Offenhalten von Verkaufsstellen im Jahr 2017
Vorlage
1011/2017
Aktenzeichen
32 30 40
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

Die Ordnungsbehördliche Verordnung zum Offenhalten von Verkaufsstellen im Jahr 2017 in der Stadt Geilenkirchen wird in der vorliegenden Form beschlossen.


Sachverhalt:

 

Der Aktionskreis Geilenkirchen e. V. hat mit Schreiben vom 29.05.2017 die Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen an folgenden Terminen beantragt:

 

1.      03.09.2017 anlässlich des Weinfestes im Stadtzentrum

2.      08.10.2017 anlässlich der Herbstkirmes im Stadtzentrum und

3.      03.12.2017 anlässlich des Nikolausmarktes im Stadtzentrum

 

Gemäß § 4 Abs. 1 des Ladenöffnungsgesetzes NRW (LÖG NRW) dürfen Verkaufsstellen an Werktagen montags bis freitags ohne zeitliche Begrenzung und samstags von 0.00 bis 22.00 Uhr geöffnet sein.

 

Das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann ist außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten gemäß § 4 Abs. 2 LÖG NRW verboten, soweit nicht gesetzlich eng begrenzte Ausnahmetatbestände greifen. In § 6 Abs. 1 und 4 LÖG NRW wird die zuständige örtliche Ordnungsbehörde ermächtigt, durch Verordnung jährlich höchstens 4 Sonn- oder Feiertage aus Anlass von örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen bis zur Dauer von  5 Stunden als verkaufsoffen freizugeben. Entsprechend § 6 Abs. 4 LÖG NRW kann sich die Freigabe der Sonntage auf bestimmte Bezirke, Ortsteile und Handelszweige beschränken. In diesem Fall  darf jedoch bezogen auf das gesamte Gemeindegebiet eine Höchstzahl von 11 freigegebenen Sonn- und Feiertagen jährlich nicht überschritten werden. Für den Erlass von Verordnungen der örtlichen Ordnungsbehörden ist nach § 27 Abs. 4 Ordnungsbehördengesetz NRW der Rat der Stadt zuständig.

 

Bei der Festsetzung der Öffnungszeiten ist auf die Zeit des Hauptgottesdienstes Rücksicht zu nehmen (§ 6 Abs. 4 LÖG NRW).

 

§ 6 Abs. 5 LÖG NRW bestimmt das 2 Adventssonntage, der 1. und 2. Weihnachtstag, der Ostersonntag, der Pfingstsonntag sowie die stillen Feiertage im Sinne des Feiertagsgesetzes NRW und der 01. Mai sowie der 03. Oktober und der 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Sonntag fällt, von der Freigabe ausgenommen sind.

 

Diese Einschränkungen stehen den Terminwünschen des Aktionskreises Geilenkirchen e. V. jedoch nicht entgegen.

 

Letztlich ist ebenfalls der Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes NRW vom 20.11.2015 zu beachten, der sich auf ein bei der Entscheidung über verkaufsoffene Sonntage zu beachtendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015 (BVerwG 8 C N 2.14) bezieht.

 

Gemäß dieses Urteils, welches im Volltext am 15.02.2016 durch das Gericht veröffentlicht wurde, ist eine anlassbezogene Sonntagsöffnung nur dann mit dem Sonntagsschutz vereinbar, wenn der Anlass an sich schon eine so große Besucherresonanz erwarten lässt, dass der öffentliche Charakter des Tages durch die Veranstaltung und nicht durch die Verkaufsöffnung geprägt wird. Somit muss die öffentliche Wirkung der Veranstaltung gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung in den Vordergrund treten. Die Ladenöffnung entfaltet nach Einschätzung des Gerichtes dann eine geringe prägende Wirkung, wenn sie nach den gesamten Umständen als bloßer Annex zur Anlass gebenden Veranstaltung erscheint. Hiervon kann gemäß der Urteilsbegründung nur dann ausgegangen werden, wenn die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt wird, weil nur insoweit der Bezug zum Marktgeschehen erkennbar bleibt. Je größer die Ausstrahlwirkung der Veranstaltung wegen ihres Umfanges oder ihrer besonderen Attraktivität ist, desto weiter reicht der räumliche Bereich in dem die Verkaufsöffnung noch in Verbindung zum Marktgeschehen gebracht wird. Um jene Aspekte beurteilen zu können, wird eine Prognoseentscheidung der Behörde gefordert.

 

Aufgrund des vorgenannten Urteils des Bundesverwaltungsgerichtes hat die Verwaltung strukturelle Indikatoren ermittelt, um eine rechtskonforme Festsetzung der verkaufsoffenen Sonntage zu erreichen. Maßgebende Indikatoren sind dabei das Verhältnis Fläche des stattfindenden Marktes zur Gesamtfläche der geöffneten Geschäfte und das Verhältnis der erwarteten Besucher der Veranstaltung und der zu erwartenden Besucher in den geöffneten Geschäften. Gleichzeitig ist ein 700 m Radius um den Veranstaltungsort herum zu beachten.

 

Das Weinfest vom 01.09. bis 03.09.2017 findet in diesem Jahr bereits zum 13. Mal statt. Es handelt sich  hierbei um eine traditionelle Veranstaltung, die mittlerweile in zentraler Lage auf dem Marktplatz durchgeführt wird. Der Charakter des Geilenkirchener Weinfestes zeichnet sich dadurch aus, dass die Menschen am Ort der Veranstaltung verweilen möchten, um dort Speisen und Getränke in geselliger Atmosphäre zu sich zu nehmen. Die Besucher stellen das Einkaufserlaubnis am verkaufsoffenen Sonntag nicht in den Vordergrund.

 

Maßgebliche Indikatoren:

Prognostizierte Besucherzahl Fest

12.000*

Prognostizierte Besucherzahl verkaufsoffen

2.200

Veranstaltungsfläche

ca. 3.400 m²

Verkaufsfläche verkaufsoffen

ca. 4.500 m²

* berechnet auf Grundlage der Sitz- und Stehplätze

Auch wenn in diesem Fall die Veranstaltungsfläche niedriger ist als die vorgesehene Ladenöffnungsfläche, wird diesem einen Kriterium im Rahmen der Gesamtbetrachtung der beantragten verkaufsoffenen Sonntage keine schwerwiegende Bedeutung beigemessen.

 

Die traditionelle Geilenkirchener Herbstkirmes vom 06.10. bis 08.10.2017 wird von der Stadt Geilenkirchen gemeinsam mit den 3 Schützenbruderschaften in der Innenstadt veranstaltet. Allein der traditionelle große Schützenumzug durch die Innenstadt findet am Sonntagnachmittag statt und lockt zahlreiche Besucher in die Geilenkirchener Innenstadt.

 

Maßgebliche Indikatoren:

Prognostizierte Besucherzahl Fest

22.000*

Prognostizierte Besucherzahl verkaufsoffen

2.800

Veranstaltungsfläche

ca. 5.500 m²

Verkaufsfläche verkaufsoffen

4.500 m²

* berechnet auf Grundlage Person pro m² Veranstaltungsfläche und Fluktuation

Der traditionelle Nikolausmarkt vom 01.12. bis 03.12.2017 auf dem Geilenkirchener Marktplatz und Rathausvorplatz ist ein großer Frequenzbringer in der Weihnachtszeit. Bereits zum 37. Mal wird in diesem Jahr 3 Tage lang eine Budenstadt im Stadtzentrum tausende von Besuchern anziehen.

 

Maßgebliche Indikatoren:

Prognostizierte Besucherzahl Fest

21.500*

Prognostizierte Besucherzahl verkaufsoffen

1.500

Veranstaltungsfläche

ca. 4.700 m²

Verkaufsfläche verkaufsoffen

ca. 4.500 m²

* berechnet auf Grundlage Person pro m² Veranstaltungsfläche und Fluktuation

Im Rahmen des gemäß § 6 Abs. 4 LÖG NRW durchzuführenden Anhörungsverfahrens haben die Industrie- und Handelskammer Aachen mit Schreiben vom 16.06.2017, der Handelsverband Aachen, Düren, Köln mit Schreiben vom 22.06.2017, die Handwerkskammer Aachen mit Schreiben vom 26.06.2017 und der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Jülich mit Schreiben vom 28.06.2017 mitgeteilt, dass gegen die geplante Festsetzung der verkaufsoffenen Sonntage keine Bedenken bestehen.

 

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat mit Schreiben vom 20.06.2017 mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht alle Kriterien nach dem LÖG NRW und der geltenden Rechtsprechung eingehalten werden und von ihrer Seite keine Rechtsmittel eingelegt werden, wenn der Ratsbeschluss den vorgelegten Planungen entspricht.

 

Das Bischöfliche Generalvikariat der Kath. Kirche im Bistum Aachen hat mit Schreiben vom 21.06.2017 mitgeteilt, dass gegen die Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen zum Weinfest am 03.09.2017 und zur Herbstkirmes am 08.10.2017 keine Bedenken bestehen. Einer Verkaufsöffnung anlässlich des Nikolausmarktes am 03.12.2017, dem 1. Advent, kann hingegen nicht zugestimmt werden. Der Advent und insbesondere die Adventssonntage dienen der stillen, nicht aber der kommerziell, geprägten Vorbereitung auf Weihnachten.

 

Im Rahmen der Ermessensausübung bei der Entscheidung über die Freigabe der Sonntage hat eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der Kirche zur erfolgen. Allerdings hat sich bereits der Landesgesetzgeber beim Erlass des LÖG NRW umfassend mit den Belangen der Religionsgemeinschaften auseinandergesetzt und die in dieser Vorlage erläuterten Einschränkungen der Sonntagsöffnungen in das Gesetz aufgenommen, um vorrangig auch das Grundrecht auf freie Religionsausübung angemessen zu berücksichtigen. Letztlich sind die 3 Sonntagsöffnungen nur mit geringfügigen Einschränkungen für die Religionsgemeinschaften verbunden, weil die Verkaufsöffnungen erst Nachmittags beginnen und es somit jedermann unbenommen ist, die sonntäglichen Gottesdienste zu besuchen. Auch sollte Beachtung finden, dass die Sonntagsruhe lediglich an 15 Stunden (3 Sonntage à 5 Stunden) im Kalenderjahr eingeschränkt wird und zudem 3 Adventssonntage unangetastet bleiben.

 

Zudem ist zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Gewerbetreibenden und der Interessenslage der Beschäftigten, an Sonn- und Feiertagen sich der Freizeit, Familie und Kultur widmen zu können, abzuwägen. Hierzu ist festzuhalten, dass auch die umliegenden Städte und Gemeinden seit etlichen Jahren jeweils mehrere verkaufsoffene Sonntage durchführen. Wenn im Stadtgebiet Geilenkirchen anders verfahren würde, hätte dies für die hiesigen Gewerbetreibenden im Verhältnis zu den Geschäften in den umliegenden Städten und Gemeinden eine Benachteiligung zur Folge. Ferner ist auch hier zu berücksichtigen, dass lediglich über eine Öffnungszeit von 15 Stunden entschieden werden soll und über dies immer noch generell die Ladenöffnung an Sonntagen verboten ist.

 

Bei Abwägung sämtlicher Aspekte erscheint es ermessensfehlerfrei, die vom Aktionskreis Geilenkirchen e. V. beantragten verkaufsoffenen Sonntage für das Stadtzentrum Geilenkirchen zu beschließen.

 

Die vom Rat der Stadt zu beschließende Ordnungsbehördliche Verordnung ist dieser Vorlage beigefügt.

 

 

 


Anlagen: