Betreff
Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66 "Am Tripser Wäldchen"
Vorlage
1239/2018
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Es wird empfohlen, eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66 hinsichtlich der von der Bebauung freizuhaltenden Schutzfläche und der Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft für den südlichen Bereich der Teilfläche a) zu erteilen, um dort zwei Baugrundstücke zur Wohnhausbebauung zu schaffen.

Gleichzeitig wird per Befreiung zugelassen, die Baugrenze wie unter 3 c) letzter Satz erwähnt, zu überschreiten, um ein rechteckiges Baufenster zu schaffen.


Sachverhalt:

 

1.    Einleitung/Beratungsanlass

 

Durch den Rückbau der 110-KV-Leitung, die bis vor kurzem das Stadtgebiet aus südwestlicher Richtung bis zur Umspannstation durchquerte, fällt in einigen Baugebieten das Schutzziel für die von der Bebauung freizuhaltenden Flächen weg. Demnach könnte sich dort die Möglichkeit eröffnen, eine Nachfolgenutzung für diese Flächen zu schaffen.

 

Da nach wie vor erheblicher und in der Tendenz steigender Bedarf an Wohnbauflächen besteht, sollte geprüft werden, ob sich die frei werdenden Flächen für eine Wohnbebauung eignen. Begonnen wurde mit der Untersuchung im Wohngebiet „Am Tripser Wäldchen“.

 

Die möglichen Flächen innerhalb des Baugebiets und deren rechtliche Situation stellen sich folgendermaßen dar:

 

2.    Bestandsaufnahme

 

a)   Im Einfahrtsbereich zum Wohngebiet  befindet sich nördlich der nach rechts abschwenkenden 90°-Kurve eine Grünfläche. Diese Grünfläche ist auf der westlichen Seite mit Gras bewachsen, auf der östlichen Seite und unmittelbar nördlich der Straßenkurve befindet sich Gehölzbestand mit Bäumen und Sträuchern. Dieser Gehölzbestand zieht sich außerdem als 5 m breiter Pflanzstreifen ganz im Westen dieser Fläche als Abgrenzung zum Baugebiet „Blumenviertel“ entlang. Zusätzlich befindet sich westlich der Grundstücke „Am Tripser Wäldchen 88 und 83“ eine Sickermulde. Am Ende der Kurve befindet sich eine Bordsteinabsenkung, die der Zufahrt zur Grünfläche neben der Aufwallung entlang der Kurve dienen sollte. Dieser Zufahrtsbereich ist mit Sträuchern zugewachsen. Südlich der Querstraße „Am Tripser Wäldchen“ noch innerhalb der Parzelle befindet sich eine öffentliche Stellplatzanlage für vier bis fünf Pkw.

 

b)   Auf der anderen Straßenseite dieser Querstraße befinden sich einige Längsparkplätze. Im nördlich davon gelegenen Bereich befindet sich eine mit Gras bestandene Grünfläche. In diesem Bereich verläuft auf der westlichen Seite eine Mulde zur Versickerung von Oberflächenwasser aus den angrenzenden Bereichen.

 

c)    Weiter nördlich setzt sich diese mit Gras bestandene Grünfläche fort. Hier befindet sich ebenfalls eine Mulde zur Versickerung von Regenwasser, welches von den angrenzenden bebauten Grundstücken zugeleitet wird. Am nördlichen Ende des Baugebietes weitet sich die Grünfläche großzügig auf. Hier befindet sich ebenfalls eine mit Gras bewachsene Fläche. Der in diesem Bereich verbliebene Stromleitungsmast muss bestehen bleiben. Im Westen befindet sich eine Umspannanlage, die derzeit mit zwei Transformatoren bestanden ist.

 

Das Baugebiet ist überplant vom Bebauungsplan Nr. 66. Die Grünflächen sind dargestellt als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft. Der Bereich der ehemaligen Leitungstrasse ist festgesetzt mit einem beidseitigen Schutzstreifen als von der Bebauung freizuhaltende Fläche.

Aus der Begründung zum Bebauungsplan geht hervor, dass die festgesetzten „Grünflächen“ im Bereich der Stromleitung im Verbund mit dem Anger, der Randeingrünung und dem vorhandenen Wäldchen ein ökologisch wirksames Netz bilden, die die Wohnqualität des Gebietes wesentlich heben und zugleich dem Ausgleich der Flächenversiegelung dienen.

Das Mulden- und Teichsystem im Baugebiet soll dafür sorgen, dass das Oberflächenwasser von den bebauten Grundstücken zum deutlich überwiegenden Teil vor Ort versickert werden kann.

 

Die im Norden des Baugebietes gelegene größere Grünfläche (Bereich c)  hat u. a. die Funktion, bei Überlastung der angrenzenden Mulden das überschüssige Wasser aufzunehmen, zwischenzulagern und im Wege der Verdunstung und Versickerung der Natur wieder zuzuführen.

 

3.    Bauliche Nutzbarkeit der ehemaligen 110-KV-Leitungstrasse

 

a)   Die nördliche Hälfte dieses Bereiches scheidet für eine Bebauung aus. Die Versickerungsmulde am östlichen Rand bildet eine erhebliche Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit. Die Querparkplätze, von der Straße abzweigend, entlasten den Straßenraum vom Parkdruck. Die darunter verbleibende Fläche wäre zu schmal für eine Bebauung in Anbetracht der einzuhaltenden Abstände von der Mulde im Osten und von dem benachbarten Baugrundstück im Westen. Anders kann es aussehen bei der südlichen Hälfte dieser Fläche, also nördlich des Rechtskurvenbereiches. Hier könnte man sich eine Bebauung vorstellen.

 

b)   Hier scheidet eine bauliche Entwicklung aus. Die Versickerungsmulde stellt eine erhebliche Einschränkung dar. Entlang der Straße sind Längsparkplätze eingerichtet, an denen in Anbetracht des Parkdruckes im Bereich der Straße „Am Tripser Wäldchen“ nichts geändert werden sollte.

 

c)    Der im Norden gelegene Bereich scheidet für eine bauliche Nutzung ebenfalls aus. Er dient als Auffangfläche bei einer möglichen Überlastung des Muldenversickerungssystems. Der hier noch vorhandene Strommast muss erhalten bleiben. Die Nähe zur Umspannanlage gebietet aus Immissionsschutzgründen erheblichen Abstand. Der sich südlich anschließende Schmalbereich Richtung Wendehammer und darüber hinaus scheidet für eine bauliche Nutzung aus, da hier das zur Entwässerung nötige Muldensystem vorhanden ist. Die nordöstlich des Wendehammers gelegene überbaubare, aber noch nicht baulich genutzte Fläche kann allerdings zu einem rechteckigen Baufenster geringfügig erweitert werden. Hier kann jetzt eine Bebauung erfolgen; das Grundstück könnte am Markt angeboten werden.

 

4.    Baukonzept im Bereich a) Südhälfte

 

Durch den erforderlichen Abstand zur vorhandenen Sickermulde, die Zufahrtsmöglichkeit zu Pflegezwecken und die Weiterführung des 5 m breiten Pflanzstreifens am westlichen Plangebietsrand  könnten Baugrundstücke mit einer Gesamtbreite von 32 m entstehen. Da die städtebaulichen Grundsätze des Bebauungsplans Nr. 66 eingehalten werden sollten, scheint eine Parzellierung in zwei Baugrundstücke von je 16 m Breite sinnvoll. Die sich dadurch ergebenden Grundstücksflächen würden sich auf 638 m² und 535 m² belaufen. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Abstandflächen könnten so Gebäudebreiten von jeweils 10 m realisiert werden. Die Tiefe der möglichen Bebauung sollte wie im übrigen Plangebiet 16 m betragen.

 

Eine Bebauung mit Doppelhäusern scheint wenig sinnvoll, da auf jedem Teilgrundstück nur eine Hausbreite von 5 m zu realisieren wäre. Im gesamten Baugebiet sind zudem nur 12 von 79 Wohnhäusern Doppelhäuser. Die maximale Breite der Bestandsbebauung beträgt ca. 15 m. Dieses Maß sollte auch bei einer neuen Bebauung nicht überschritten werden.

 

Die Bebauung der gesamten Fläche mit nur einem großen Gebäude mit mehreren Wohneinheiten würde nicht der Eigenart des Gebietes entsprechen. Deshalb sollten nicht mehr als zwei Wohneinheiten je Gebäude zugelassen werden.

 

Auch sollte der Zufahrts- und Eingangsbereich in das Baugebiet nicht durch ein für dieses Gebiet atypisches Gebäude eines Mehrfamilienwohnhauses markiert werden.

Denkbar ist jedoch, für die Einzelhausbebauung auch zwei Vollgeschosse zu ermöglichen, wenn die Abstandfläche zum benachbarten neuen Baugrundstück 4 m beträgt. Hiermit würde dem Wunsch vieler Bauherren Rechnung getragen, ein Gebäude mit Flachdach oder eine Stadtvilla zu bauen.

 

Die vorhandene deutliche Aufwallung ist nur im Bereich der Straße vorhanden. Der rückwärtige Grundstücksbereich stellt sich relativ eben dar. Ein Rückbau bzw. Abflachen der Aufwallung wäre zur Erschließung der beiden Baugrundstücke erforderlich.

Die Entwässerung der beiden Grundstücke könnte über den vorhandenen Mischwasserkanal in der Straße erfolgen.

 

Durch die Ausweisung als Bauland würde auf einem Teil dieser Fläche ein Eingriff in die ökologische Ausgleichsfläche entstehen, der entsprechend zu kompensieren wäre.

Die Fläche für beide Baugrundstücke beträgt 1.173 m². Als Biotoptypen sind dort Feldgehölz und Grünfläche (Wiese) vorhanden. Dieser Bestand ist mit 3.958 Ökopunkten zu bewerten.

 

Geplant sind auf der Fläche die Bebauung mit zwei Wohnhäusern und die Anlage von Hausgärten. Zusätzlich sollten in den Vorgärten entlang der Kurve Heckenpflanzungen aus heimischen Sträuchern erfolgen. Die geplante Nutzung wird mit 1.877 Ökopunkten bewertet. Demnach verbleibt durch den Eingriff ein auszugleichender Bedarf von 2.081 Ökopunkten.

 

Diese 2.081 Ökopunkte könnten durch eine Aufwertung der vorhandenen Grünflächen innerhalb des Baugebietes nachgewiesen werden. Für eine Umwandlung von Wiesenflächen in Feldgehölz würden 520 m² Fläche benötigt. Würde man eine Obstwiese schaffen, wäre eine Fläche von 416 m² erforderlich. Auf den untersuchten Teilflächen a, b und c wäre außerhalb der Sickeranlagen genügend Fläche für die Umwandlung in hochwertigere Ausgleichsflächen vorhanden. Diese Flächen würden, wie die Untersuchung gezeigt hat, faktisch für eine Bebauung ausscheiden. Gerade durch den Wegfall der Hochspannungsleitung, die eine Höhenbegrenzung erforderlich machten, eignen sich diese Flächen besonders zum Anpflanzen von heimischen Obst- und Laubbäumen.

 

Die Möglichkeit, zwei Grundstücke für die Bebauung mit jeweils einem Wohnhaus zu schaffen, könnte ohne eine Änderung des Bebauungsplans Nr. 66 erreicht werden. Hierzu müsste eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 66 hinsichtlich der Festsetzung der von der Bebauung freizuhaltenden Schutzfläche und der überlagernden Festsetzung von Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Landschaft erteilt werden. Voraussetzung für die Erteilung dieser Befreiung wäre, dass die zur Schaffung der Baugrundstücke überplante Ausgleichsfläche in einem anderen Bereich des Baugebietes nachgewiesen würde.

 

5.    Weiteres Vorgehen

 

Falls eine Befreiung erteilt wird, würde die Verwaltung die Vermarktung der beiden Baugrundstücke vorbereiten. Die Grundstücksveräußerung würde dann im Haupt- und Finanzausschuss beraten.