Betreff
Fortschreibung des Mietspiegels der Stadt Geilenkirchen für den Zeitraum vom 01.08.2019 bis 31.12.2020 sowie dessen Neuerstellung für den Zeitraum ab dem 01.01.2021
Vorlage
1569/2019
Aktenzeichen
64 70 10
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

a)             Der Mietspiegel der Stadt Geilenkirchen wird in der von der Verwaltung vorgeschlagenen Fassung für den Zeitraum 01.08.2019 bis 31.12.2020 fortgeschrieben.

 

b)             Die Verwaltung wird beauftragt, in 2020 einen neuen Mietspiegel zu erstellen und hierzu einen entsprechenden Auftrag der Rheinischen Immobilienbörse in Köln zu erteilen.


Sachverhalt:

 

Der derzeitige Mietspiegel war formell bis zum 31.12.2018 gültig. Bis zur Erstellung eines neuen Mietspiegels behält er seine Gültigkeit.  Da es sich hierbei um einen einfachen Mietspiegel handelt, besteht keine Pflicht zur Anpassung. § 558 c Abs. 3 BGB bestimmt lediglich, dass Mietspiegel im Abstand von 2 Jahren angepasst werden sollen.

 

Wird ein (einfacher) Mietspiegel nach Ablauf von zwei Jahren nicht angepasst, kann er im gesetzlichen Mieterhöhungsverfahren weiterhin als Begründungsmittel verwendet werden (§ 558 a Abs. 4 BGB), ist jedoch im gerichtlichen Verfahren nur noch eingeschränkt bzw. nicht mehr verwendbar.

 

Wie einfache Mietspiegel anzupassen sind, ist gesetzlich nicht geregelt. Es bietet sich aber an, analog den gesetzlichen Vorschriften für qualifizierte Mietspiegel, die Anpassung

 

-         per Stichprobe vorzunehmen oder

-         den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland hierfür zugrunde zu legen.

 

Beide Verfahren sind in den Hinweisen zur Erstellung von Mietspiegeln des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumordnung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung unter Ziffer II/1 – 7 beschrieben. Dabei bietet sich die Indexfortschreibung, die recht einfach in der Anwendung und ohne großen Aufwand durchführbar ist, an, wenn es seit der letzten Erstellung des Mietspiegels zu keinen größeren, strukturellen Veränderungen gekommen ist. Liegen Anhaltspunkte für stärkere Abweichungen der örtlichen Mietentwicklung von der bundesweiten Preisentwicklung oder für größere strukturelle Veränderungen des örtlichen Wohnungsmarktes vor, sollte das Stichprobenverfahren gewählt werden.

 

Die Indexfortschreibung ist in Geilenkirchen derzeit nicht anwendbar, weil die letzte empirische Datenerhebung zur Fortschreibung des Mietspiegels in 1999 – 2000 erfolgte. In den Jahren danach (in 2006, 2016) erfolgten zwar Anpassungen des Mietspiegels durch eine Anhebung der Mietpreisspanne; jedoch wurden diese Werte nicht durch eine empirische Untersuchung festgestellt. 2006 wurden die Mietspannen um 4 – 6 % auf Initiative des Haus- und Grundstückseigentümervereins heraufgesetzt. Zu diesem Ergebnis kam man, weil man sich an die Mietspiegel der Städte Erkelenz, Wegberg, Heinsberg und Jülich orientierte. In 2016 erfolgte die Anhebung aller Mietpreisspannen um 0,10 €, ebenfalls auf Initiative des Haus- und Grundstückseigentümervereins. Für diese geringe Anhebung wurde keine stichhaltige Begründung gegeben. Aber auch die letzte empirische Datenerhebung (s. o.) erfolgte unter Zugrundelegung der Mietbescheinigungen in den Wohngeldakten. Sie ist daher auch nicht repräsentativ. Hinzu kommt, dass im derzeitigen Mietspiegel lediglich Mietwohnungen bis zum Baujahr 2001 erfasst sind. Seitdem wurde in Geilenkirchen erheblich neu gebaut und auch im Altbestand modernisiert. Aus dem letztgenannten Grund ließe sich in künftigen Mietspiegeln auf die Kategorie I (mit Bad/Dusche oder mit Heizung) durchaus verzichten.

 

Eine (neue) Stichprobenerhebung bietet sich auch an, weil der Mietwohnungsmarkt in Geilenkirchen in den letzten 15 Jahren erheblichen strukturellen Veränderungen unterworfen war. Entgegen der Situation in den 80er Jahren, in denen relativ viele Familienwohnungen mit Hilfe öffentlicher Förderungen (zinsvergünstigte Landesdarlehn) gebaut wurden, werden heute verstärkt Wohnungen für Ein- bzw. Zwei-Personenhaushalte gesucht, jedoch kaum gefunden. In diesem Segment ist der Wohnungsmarkt stark angespannt, während oftmals große Wohnungen lange Zeit leer stehen (müssen). Dadurch sind kleine Wohnungen gegenüber großen oftmals überteuert. Seit einigen Jahren ist auf der anderen Seite zu beobachten, dass eine Vielzahl kleiner, aber hochwertiger Wohnungen, die zudem barrierefrei sind, in Geilenkirchen entstanden. Nicht alle diese Wohnungen unterliegen der Wohnungsbindung, weil sie ohne öffentliche Förderung erstellt wurden. Sie sind daher auch als relativ teuer einzustufen (Stichwort: „Waldstadt Residenz Geilenkirchen“).

 

Aus den vorgenannten Gründen bietet sich eine Überarbeitung des derzeitigen Mietspiegels an. Eine Stichprobe könnte man ziehen, indem eine Onlinebefragung der Vermieter und Mieter erfolgt, wie sie derzeit die Rheinische Immobilienbörse für die Stadt Bergisch Gladbach durchführt (https://www.rheinische-immobilienboerse.de/Mietspiegelumfrage_Bergisch_Gladbach_2020.AxCMS). Laut einer ersten Schätzung der Rheinischen Immobilienbörse würden die Kosten für ein solches vollständiges Verfahren für die Stadt Geilenkirchen zwischen 2.000,00 € und 3.000,00 € betragen. Dann erhielte man einen fundierten Mietspiegel der nicht nur nach Lage und Baujahr unterteilt wird, sondern auch nach den Wohnungsgrößen.

 

Eine weitere Möglichkeit gesicherte Stichproben zu erheben, wäre, an die örtlichen Wohnungsgesellschaften eine gezielte Anfrage zu richten - z. B. mittels eines Blankomietspiegels - da diese i. d. R. über gesicherte Daten der von ihnen vermieteten Wohnungen verfügen. Die Daten der übrigen Vermieter wären zusätzlich zu erfragen.

 

Dabei ist zu bedenken, dass die örtlichen Wohnungsbaugesellschaften im frei finanzierten Wohnungsbau zurzeit noch eine untergeordnete Rolle spielen. Aus diesem Grunde favorisiert die Verwaltung die erstgenannte Variante zur Erstellung eines neuen Mietspiegels.

 

In jedem Fall empfiehlt es sich bei einer Neuerstellung den bisherigen Mietspiegel um zwei Dekaden (2001 bis 2010 und 2011 bis 2020) zu erweitern. Es würde sich daher anbieten, mit der Stichprobenerhebung im Frühjahr 2020 zu beginnen um sie im Frühherbst abzuschließen und Ende 2020 dem Rat einen überarbeiteten Mietspiegel zur Beschlussfassung vorzulegen, der dann mit Wirkung zum 01.01.2021 verabschiedet würde. In den folgenden Jahren könnte zur (jährlichen) Fortschreibung des Mietspiegels das Indexverfahren angewendet werden.

 

In der Zwischenzeit könnte durch den Rat ein „Interims-Mietspiegel“ für den Zeitraum 01.08.2019 bis 31.12.2020 (siehe Anlage) verabschiedet werden, da das Interesse an einem „gültigen“ Mietspiegel recht groß ist.  Die im bisherigen Mietspiegel abgebildeten Mieten wurden um 1,5 % angehoben. Die Anhebung orientiert sich an dem vom Statistischen Bundesamt  ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte – Stand 2/2019. Mit dieser Anhebung haben sich sowohl der Mieterschutzverein Aachen und Umgegend als auch der Haus- und Grundbesitzerverein Jülich e. V. telefonisch einverstanden erklärt. Die schriftliche Bestätigung hierzu steht allerdings noch aus.

 


Anlagen: