Betreff
Verzicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses für das Haushaltsjahr 2018
Vorlage
1661/2019
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat beschließt, auf die Aufstellung eines Gesamtabschlusses für das Jahr 2018 zu verzichten.

 


Sachverhalt:

 

Die Gemeinden verfügen in der Regel über eine Vielzahl von Betrieben, die in eine komplexe Beteiligungsstruktur eingebunden sind und zusammen mit der gemeindlichen Verwaltung einen Verbund zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben bilden. Ein wichtiges Ziel der Reform des gemeindlichen Haushaltsrechts war daher die Verbesserung des Überblicks über die gesamte Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde sowie die Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtlage der Gemeinde, die sich aus dem Ergebnis der jährlichen Haushaltswirtschaft der gemeindlichen Verwaltung sowie aus den Ergebnissen der Geschäftstätigkeit der gemeindlichen Betriebe zusammensetzt.

 

Gemäß § 116 GO NRW hat die Gemeinde in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung aufzustellen. Zu dem Gesamtabschluss hat die Gemeinde ihren Jahresabschluss nach § 95 GO NRW – dieser wurde dem Rat bereits zugeleitet – und die Jahresabschlüsse des gleichen Geschäftsjahres aller verselbständigten Aufgabenbereiche in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu konsolidieren.

Ein Verzicht auf einen gemeindlichen Gesamtabschluss kann für die Gemeinde auch in Betracht kommen, wenn sie nur über gemeindliche Betriebe verfügt, die hinsichtlich des Gesamtabschlusses als von untergeordneter Bedeutung zu beurteilen sind. Ein einzelner Betrieb kann für sich genommen von untergeordneter Bedeutung für die Gemeinde sein, eine Vielzahl gemeindlicher Betriebe kann in der Gesamtheit durchaus eine wirtschaftliche Bedeutung für die Gemeinde haben. Die Gemeinde kann daher bei mehreren gemeindlichen Betrieben, bei denen zweifelhaft ist, ob diese für die Gemeinde von untergeordneter Bedeutung sind, die Prüfung und Beurteilung insgesamt vornehmen und muss die untergeordnete Bedeutung nicht einzeln für jeden der Betriebe feststellen.

 

 

 

 

 

 

Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 GemHVO NRW sind alle Beteiligungen voll zu konsolidieren, die unter der einheitlichen Leitung der Stadt Geilenkirchen stehen.

 

 

Nach der Handreichung des Nordrhein-Westfälischen Innenministeriums liegt eine einheitliche Leitung dann vor, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

• Die Gemeinde stimmt die Aufgabenerfüllung, die sie selbst erbringt, mit der Aufgabenerfüllung, die dem Tochterunternehmen übertragen wurde, ab und die Gemeinde kann im Zweifel ihre Interessen durchsetzen.

• Die Gemeinde übt diese Einflussnahme auch tatsächlich aus. Allein die Möglichkeit zur Einflussnahme reicht nicht aus.

• Die Ausübung der Einflussnahme erfolgt durch die Gemeinde allein und nicht gemeinschaftlich mit anderen.

 

Alle Beteiligungen der Stadt Geilenkirchen sind nach den vorstehend genannten Kriterien geprüft worden. Eine einheitliche Leitung liegt bei keiner Beteiligung vor.

 

 

Ein Betrieb wird ebenfalls voll konsolidiert, wenn ein beherrschender Einfluss gem. § 50 Abs. 2 S. 2 GemHVO NRW vorliegt.

 

Demnach sind Einheiten, die unter einem beherrschenden Einfluss der Gemeinde stehen, entsprechend §§ 300 bis 309 HGB (Vollkonsolidierung) zu konsolidieren. Ein beherrschender Einfluss liegt vor, wenn der Stadt Geilenkirchen bei einer verselbständigten Einheit:

• die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht,

• das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und die Stadt Geilenkirchen gleichzeitig Gesellschafter ist oder

• das Recht zusteht, einen beherrschenden Einfluss aufgrund eines Unternehmensvertrages oder aufgrund einer Satzungsbestimmung auszuüben.

 

Aufgrund der Stimmrechtsmehrheit der Stadt Geilenkirchen in Höhe von 70% in der Gesellschafterversammlung der Entwicklungsgesellschaft Stadt Geilenkirchen GmbH und der Mehrheit der Mitglieder im Aufsichtsrat (4 von 7 Vertretern) wird diese Gesellschaft vorbehaltlich der Prüfung der Wesentlichkeit in den Kreis der voll zu konsolidieren Einheiten aufgenommen.

 

 

Bei Vorliegen eines maßgeblichen Einflusses ist die betreffende Einheit entsprechend §§ 311 bis 312 HGB (at-Equity-Konsolidierung) zu konsolidieren.

 

Die at-Equity Methode gem. § 50 Abs. 3 GemHVO NRW zielt darauf ab, die Beteiligung am einbezogenen Betrieb mit dem Betrag auszuweisen, der dem anteiligen bilanziellen Eigenkapital des Betriebes entspricht.

Maßgeblicher Einfluss wird (widerlegbar) vermutet, wenn der Kommune aus „Konzernsicht“ direkt oder indirekt ein Stimmrechtsanteil am Betrieb von mindestens 20 % zusteht. Hält die Kommune einen Stimmrechtsanteil von weniger als 20 %, wird (ebenfalls widerlegbar) vermutet, dass kein maßgeblicher Einfluss besteht.

Ohne die voll zu konsolidierenden Einheiten hat die Stadt Geilenkirchen bei folgenden Gesellschaften einen Stimmrechtsanteil von mindestens 20 %:

 

 

-         Verbandswasserwerk Gangelt GmbH (48,08%)

-         Immobilienzweckverband Gangelt-Geilenkirchen-Selfkant, 5 von 11 stimmberechtigen Mitgliedern in der Verbandsversammlung

 

Vorbehaltlich der Prüfung der Wesentlichkeit müssten diese Einheiten somit at-Equity konsolidiert werden.

 

 

Sonstige Betriebe, die nicht unter die Regelungen der Vollkonsolidierung oder der At Equity Regelung fallen, werden nicht gesondert konsolidiert. Hier findet lediglich eine At-Cost Konsolidierung im Rahmen der Ergebnisrechnung und der kommunalen Bilanz statt.

 

Von dieser Regelung sind folgende Betriebe betroffen:

 

-         Kreiswerke Heinsberg GmbH (9,25 %)

-         Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Heinsberg mbH (6,52 %)

-         Energie- und Wasserversorgung GmbH (kleiner 0,01 %)

 

In den Gesamtabschluss müssen verselbständigte Aufgabenbereiche nicht einbezogen werden, wenn sie für die Verpflichtung, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzgesamtlage der Gemeinde zu vermitteln, von untergeordneter Bedeutung sind.

 

Für die Prüfung, ob gemeindliche Betriebe von untergeordneter Bedeutung für den Gesamtabschluss der Gemeinde sind, hat die Gemeinde ausschließlich die örtlichen Verhält-nisse zu betrachten und zu bewerten. Die zu treffende Entscheidung ist vom Gesamtbild der relevanten Umstände vor Ort abhängig. Die Prüfung hat zunächst für solche Betriebe zu erfolgen, die voll zu konsolidieren sind. Kommt man dabei zu dem Ergebnis, dass keiner der voll zu konsolidierenden Betriebe wesentlich ist, sind die Wesentlichkeitsprüfung der weiteren Betriebe und die Aufstellung eines Gesamtabschluss entbehrlich.

 

Zu prüfen ist folglich zunächst die Wesentlichkeit des Betriebes Entwicklungsgesellschaft Stadt Geilenkirchen GmbH als voll zu konsolidierender Betrieb.

 

Für die vorzunehmende Beurteilung der wesentlichen Bedeutung des Betriebs können nach der NKF-Handreichung verschiedene Messgrößen in Betracht kommen, z.B. die Bilanzsumme, der Wert des Anlagevermögens, der Umfang der Verbindlichkeiten, aber auch die Summe der Erträge sowie der Aufwendungen, das erzielte Jahresergebnis oder der Beitrag zur gemeindlichen Aufgabenerfüllung im Sinne der Gesamtsteuerung der Gemeinde. Die zu ermittelnden Verhältniszahlen sollten sich im Bereich zwischen 0 bis 3 % der kumulierten Gesamtbilanzsummen der Gemeinde und des Betriebes bewegen, um von der allgemeinen Gesamtlage her von einer untergeordneten Bedeutung ausgehen zu können.

 

Zum Abschlussstichtag 31.12.2018 ergibt sich hinsichtlich der vor genannten Messgrößen bzw. Verhältniszahlen folgendes Bild:

 

 

 

Messgröße

(a)                                     Jahresabschluss             Stadt Geilenkirchen 31.12.2018                     

(b)                                 Jahresabschluss                         Entwicklungsgesellschaft 31.12.2018

(c)  

                                       kumulierte Werte           (a+b)

(d) 

                                Verhältnis                          (Anteil b an c)

(e)

Mittelwert der Jahre 2014 – 2018 

 

 

 

 

 

 

Bilanzsumme

234.498.830,86 €

3.527.444,46 €

238.026.275,32 €

1,48 %

< 1,0 %

Anlagevermögen

219.281.453,49 €

0,00 €

219.281.453,49 €

0,00 %

0 %

Verbindlichkeiten

25.993.747,45 €

174.014,00 €

26.167.761,45 €

0,66 %

<1,0 %

Erträge

67.887.853,62  

6.368.637,54 €

74.256.491,16 €

8,58 %

3,15 %

Aufwendungen

67.351.461,49 €

4.902.004,78 €

72.253.466,27 €

6,78 %

2,54 %

Rückstellungen

34.168.806,42 €

1.041.164,26 €

35.209.970,68 €

2,96 %

1,1 %

Abschreibungen

7.519.265,46 €

0,00 €

7.519.265,46 €

0,00 %

0 %

Jahresergebnis

536.392,13 €

1.466.632,76 €

2.003.024,89 €

 

 

 

Allerdings müssen die Gegebenheiten bei den Verhältniszahlen nicht in jedem Einzelfall zutreffend sein. Vielmehr gilt es, zwischen den ausgewählten Wert- bzw. Messgrößen eine Beziehung herzustellen und die Ergebnisse um eine qualitative Beurteilung unter Berücksichtigung aller örtlichen Umstände zu ergänzen.

 

Diese wird nachstehend vorgenommen:

 

Erträge

 

Der Anteil der Erträge der Entwicklungsgesellschaft an der kumulierten Ertragssituation von Stadt und Gesellschaft beträgt im Jahr 2018 8,58 % und überschreitet die als Richtwert zu betrachtende Verhältniszahl von bis zu 3 % deutlich. In einem längerfristigen Betrachtungszeitraum der Jahre 2014 bis 2018 liegen die durchschnittlichen Erträge der Gesellschaft allerdings nur geringfügig oberhalb dieser zu interpretierenden Bandbreite.

 

Die Entwicklungsgesellschaft hat im Geschäftsjahr 2016 mit der Projektierung von drei neuen Erschließungsmaßnahmen in den Stadtteilen Teveren, Hünshoven und Lindern begonnen. Die baulichen Maßnahmen in Teveren und Hünshoven wurden in 2018 vollständig abgeschlossen. Die neu erschlossenen Grundstücke wurden in 2018 an die Erwerber verkauft, d. h. die Umsatzerlöse aus diesen jeweils dreijährigen Projektlaufzeiten konzentrierten sich auf ein einziges Geschäftsjahr, nämlich das Jahr 2018, was in diesem Fall eine längerfristige Betrachtung der Erträge der Gesellschaft – auch in ihrem Verhältnis zum kommunalen Jahresabschluss - rechtfertigt.

 

 

 

 

Aufwendungen

 

Der Anteil der Aufwendungen der Entwicklungsgesellschaft an den kumulierten Aufwendungen von Stadt und Gesellschaft beträgt im Jahr 2018 6,78 % und überschreitet die als Richtwert zu betrachtende Verhältniszahl von bis zu 3 % ebenfalls. Im Betrachtungszeitraum der Jahre 2014 bis 2018 liegen die durchschnittlichen Aufwendungen der Gesellschaft mit einem Anteil von 2,54 % jedoch noch innerhalb dieser Bandbreite.

 

Zu berücksichtigen ist, dass die Entwicklungsgesellschaft ihre Gewinn- und Verlustrechnung (G+V) nach dem Gesamtkostenverfahren (§ 275 II HGB) vornimmt. Dieses Verfahren kommt im Kernhaushalt der Stadt Geilenkirchen bzw. im Jahresabschluss der Stadt in dieser Form nicht zum Tragen und eignet sich schon aus diesem Grund nur bedingt für einen Vergleich im Rahmen von Verhältniszahlen.

 

Hierzu ein Beispiel:

 

Die Entwicklungsgesellschaft hat im Geschäftsjahr 2018 Auszahlungen in Höhe von 4.017.805,69 € für den Flächenerwerb und die baulichen Erschließungsmaßnahmen in den zurzeit projektierten Gebieten geleistet. Im Hinblick auf die spätere Vermarktung baureifer Grundstücke stellen diese Auszahlungen im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung in vollem Umfang bereits Aufwand der Gesellschaft dar und erscheinen entsprechend in der G+V.

 

Wären die Flächenankäufe und Erschließungsmaßnahmen unmittelbar durch die Stadt projektiert worden, wären die betreffenden Auszahlungen dem Umlaufvermögen bzw. dem Anlagevermögen -  jeweils ohne Ergebnisrelevanz - zuzuordnen gewesen.

 

Ergebnis

 

Im Ergebnis der hier vorgenommenen Beurteilung von Messgrößen und Verhältniszahlen ist die Beteiligung an der Entwicklungsgesellschaft Stadt Geilenkirchen GmbH nach dem Stand vom 31.12.2018 in quantitativer und qualitativer Hinsicht nach wie vor von unwesentlicher Bedeutung. Dies belegt eine längerfristige Betrachtung von Verhältniszahlen über ein 5-Jahres-Mittel. Diese Betrachtungsweise ist aufgrund des vom kommunalen Haushalt abweichenden Gewinnermittlungsverfahrens und der ebenfalls mehrjährigen Laufzeiten der Projekte der Gesellschaft (Flächenerwerb, Erschließung, Vermarktung) auch angezeigt.

 

Die Aufstellung eines Gesamtabschlusses ist daher nicht erforderlich.