Betreff
Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 6, 2. Änderung der Stadt Geilenkirchen hinsichtlich der Überschreitung der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche
Vorlage
2050/2020
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 6, 2. Änderung der Stadt Geilenkirchen hinsichtlich der Überschreitung der überbaubaren Grundstücksfläche wird antragsgemäß erteilt.

 


1. Sachverhalt:

 

Am Drosselweg 9-15 befindet sich seit Jahrzehnten ein Supermarkt, welcher mittlerweile sanierungsbedürftig ist. Insbesondere im Dachbereich müsste am Gebäude nachgebessert werden. Eine Erneuerung des Daches sei allerdings mit unverhältnismäßig hohen Kosten sowie einer langen Schließzeit des Marktes verbunden, erläuterte der verantwortliche Expansionsmanager. Außerdem entspreche das Gebäude nicht mehr den heutigen Anforderungen an das moderne Markt-Konzept des Unternehmens, da neben fehlendem Platz für die Regalstellung im Verkaufsraum auch die Lagerlogistik im Gebäude nicht mehr zeitgemäß und zu kleinteilig sei. Da das Unternehmen den Standort am Drosselweg nicht aufgeben möchte, komme nur der Abriss des Bestandsgebäudes sowie der unmittelbare Neubau des Supermarktes an gleicher Stelle in Frage. Um den Supermarkt jedoch nach dem modernen Marktkonzept zeitgemäß gestalten zu können, ist die Überschreitung der im dort geltenden Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche vorgesehen.

 

 

2. Beurteilung der Zulässigkeit

 

Das betroffene Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 6, 2. Änderung der Stadt Geilenkirchen.  In dem Bebauungsplan ist die überbaubare Grundstücksfläche durch Baugrenzen festgesetzt. Das Baufenster wurde seinerzeit anlehnend an die damaligen örtlichen Voraussetzungen festgesetzt. Um das Grundstück nun optimal ausnutzen zu können, plant der Vorhabenträger die Überschreitung der Baugrenzen.

 

Hieraus folgt, dass das Vorhaben zurzeit nicht genehmigungsfähig ist, da es den Festsetzungen des Bebauungsplanes widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB).

 

Die Zulässigkeit des Vorhabens könnte durch die Erteilung einer  Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes herbeigeführt werden.

 

 

3. Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB

 

Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes kann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, und die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB) und sie unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

3.1 Grundzüge der Planung

 

Grundzug der Planung war die Realisierung eines Nahversorgers in diesem Bereich. Um eine geordnete städtebauliche Entwicklung sowie eine strukturierte Anordnung der Baukörper auf den jeweiligen Grundstücken zu erreichen, wurden die überbaubaren Grundstücksflächen mittels Baugrenzen im Bebauungsplan festgesetzt.

Auch nach v.g. Überschreitung der Baugrenzen würde ein Gebäude entstehen, welches das Planungsziel eines homogenen Straßenbildes nicht stören würde.

 

Die Verletzung anderer Planziele ist nicht erkennbar.

 

Die Grundzüge der Planung werden daher nicht berührt.

 

3.2 Städtebauliche Vertretbarkeit

 

Die angestrebte Überschreitung der Baugrenze beträgt insgesamt ca. 315 m² (s. Anlage 4). Diese Überschreitung ist zwar nicht mehr geringfügig, allerdings würde eine Überschreitung der Baugrenzen in dem dargestellten Umfang keine städtebaulichen Spannungen hervorrufen.

 

Der große Abstand der nord-westlichen Baugrenze in Richtung des Kreisverkehrs von ca. 25 m ist darauf zurückzuführen, dass dieser Bereich vor Errichtung des Kreisverkehrs als Sicht-Achse für den Kreuzungsbereich diente. Nach Errichtung des Kreisverkehrs war dieser großzügige Sichtbereich für den Straßenverkehr nicht mehr erforderlich. Der angrenzende Bebauungsplan wurde jedoch nicht angepasst.

 

Des Weiteren würde sich die Grundfläche des Marktes durch den Neubau nicht vergrößern, da lediglich die Form des derzeitig schmalen und länglichen Gebäudes (mit einer genehmigten Verkaufsfläche von ca. 969 m²) in ein breiteres aber kürzeres Gebäude (mit einer Verkaufsfläche von ca. 966 m³ plus ca. 28 m² für den Windfang) verändert würde.

Aus Sicht des Antragstellers führt die Überschreitung der Baugrenzen zu einer optimierten Nutzbarkeit der vorhandenen Baufläche. Dies wird dadurch begründet, dass die Unterbringung eines modernen Nahversorgers innerhalb des aktuellen Baufensters nicht mehr möglich sei. Das Baufenster wurde seinerzeit (1969/70) so geplant, dass dort ein Supermarkt entstehen konnte. Die Konzepte aller Märkte haben sich in den letzten Jahrzehnten aber deutlich verändert, insbesondere im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Lager- und Transportlogistik.

Der Abstand der Baugrenze zur südlichen Straßenbezugslinie wurde seinerzeit in Anlehnung an die östlich vorhandene Wohnbebauung festgesetzt. Hierbei wurde die optimale Ausnutzbarkeit des Grundstücks für gewerbliche Zwecke nicht ausreichend gewürdigt. Dies kann durch die nun beantragte Befreiung kompensiert werden, ohne dass bodenrechtliche Spannungen entstehen könnten.

 

Durch den angestrebten Neubau würde neben dem Erscheinungsbild des Supermarktes auch die Entree-Wirkung an dem nördlichen Knotenpunkt „Berliner Ring“ / „Heinsberger Straße“ aufgewertet und der Nahversorgungsstandort weiterhin gesichert.  

 

Die Befreiung ist somit auch städtebaulich vertretbar.

 

3.3 Wahrung nachbarlicher Interessen und öffentlicher Belange

 

Von Bedeutung ist, dass durch die geplante Überschreitung der Baugrenzen keine unzumutbaren Beeinträchtigungen der Angrenzer hervorgerufen werden.

 

Bei dem betroffenen Grundstück handelt es sich um ein Eckgrundstück mit zwei direkten Angrenzern. Südwestlich des Grundstücks befindet sich der Parkplatz eines angrenzenden Gewerbebetriebs und östlich des Grundstücks befindet sich der Parkplatz des antragstellenden Nahversorgers. 

Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Realisierung des geplanten Bauvorhabens nachbarliche Interessen oder öffentliche Belange beeinträchtigt würden. Hinsichtlich der geplanten Überschreitungen der Baugrenzen ist eine Berührung nachbarlicher Interessen nicht gegeben, da das Bauwerk nicht in den Ruhebereich der Nachbarbebauung eingreift.

 

Südlich und nördlich des Grundstücks verläuft die Erschließung. Bei der südlichen Erschließungsfläche handelt es sich um den „Drosselweg“. Auch das relativ nahe Heranrücken an die Straßenbegrenzungslinie (hier ca. 2,50 m), ruft keine Spannungen zur Nachbarschaft hervor und würde in der Umgebungsbebauung nicht als störend empfunden. Im Norden grenzt das Grundstück an die Landstraße L42 („Berliner Ring“). Diesbezüglich wurde im Vorfeld der Planungsüberlegung der Landesbetrieb Straßenbau NRW beteiligt und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Mit Schreiben vom 02.10.2020 wurde mitgeteilt, dass Seitens des Landesbetriebs keinerlei Bedenken gegen das Vorhaben bestünden, sofern die Zufahrt zum Parkplatz des Nahversorgers nicht verlegt werde.

 

Die Befreiung ist unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

 

 

4. Ergebnis

 

Die Voraussetzungen für eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 6, 2. Änderung der Stadt Geilenkirchen hinsichtlich der Überschreitung der überbaubaren Grundstücksgrenze liegen vor.