Betreff
Aufstellung von Altkleidersammelcontainern im öffentlichen Raum
Vorlage
2392/2021
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen soll nur unter diesen Voraussetzungen zugelassen werden:

 

  1. Die Größe und das Erscheinungsbild von dauerhaft aufgestellten Altkleidersammelcontainern dürfen das Orts- und Straßenbild der Stadt nicht auf negative Weise beeinträchtigen:
    1. Eine solche Beeinträchtigung liegt insbesondere dann vor, wenn Bereiche für das Orts- und Straßenbild eine besondere repräsentative Wirkung haben und /oder eine besondere Aufenthaltsqualität bieten. Dorf- und Marktplätze sowie Grünanlagen sind besonders vor einer Beeinträchtigung zu schützen. 
    2. Bei der Beurteilung der Beeinträchtigung ist zudem die Dimension der Sammelanlage zu berücksichtigen, dies gilt insbesondere wenn die Sammelcontainer zusammen mit weiteren Sammelanlagen (beispielsweise für Altglas) aufgestellt werden sollen. Eine Übermöblierung des Straßenraums ist zu vermeiden.
    3. Bei der Entscheidung über einen Standort ist auch die Anzahl der Sammelcontainer in der Umgebung zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn diese Standorte eine Blickbeziehung bilden. Dies gilt auch für Sammelcontainer auf privaten Grundstücken, sofern diese im öffentlichen Straßenraum wahrgenommen werden können.
    4. Die Aufstellung von Sammelcontainern mehrerer Eigentümer einer Abfallart an einem Standort ist in der Regel auszuschließen.

 

  1. Altkleidersammelcontainer sollen andere Nutzer und Nutzungsarten der Straße nicht behindern oder einschränken. Die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern stellt eine Sondernutzung dar, die Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs darf am jeweiligen Standort nicht beeinträchtigt werden, es sei denn, im konkreten Einzelfall entstehen dadurch keine Nachteile. Dies gilt insbesondere für Beeinträchtigungen des:
    1. fließenden Verkehrs, dies ist vor allem dann zu beachten, wenn es sich um eine Verkehrsanlage ohne Nebenanlagen (z.B. Spielstraße) handelt.
    2. ruhenden Verkehrs, vor allem in Bereichen mit hohem Parkdruck (z.B. in Geschäftsbereichen, im Umfeld von Schulen und medizinischen Einrichtungen oder in einzelnen Wohngebieten)
    3. Radverkehrs, z.B. durch haltende Autos auf markierten Schutzstreifen
    4. Fußverkehrs, vor allem der Bedürfnisse und Erfordernisse von Menschen mit Behinderung

 

  1. Von der Aufstellung von Altkleidersammelcontainern darf keine Gefahr ausgehen:
    1. Eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ist zu vermeiden, diese liegt insbesondere dann vor, wenn durch anhaltende Fahrzeuge der Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigt wird.
    2. Bei der Aufstellung von Containern im Bereich von Geh- und Radwegen haben ausreichende Mindestbreiten im Rahmen der jeweils gültigen straßenrechtlichen Regelungen und Normen zu verbleiben.
    3. Von Altkleidercontainern geht, anders als z.B. von Glascontainern, eine theoretische Brandgefahr aus, da Altkleider leicht entzündlich sind und ein entsprechendes Brandpotential bieten. Aufstellungen in unmittelbarer Nähe z.B. von Hauswänden, unter Bäumen, etc. sind vor diesem Hintergrund zu prüfen. 

Sachverhalt:

 

Der Rat hat sich bereits mehrfach mit der Thematik befasst, zuletzt wurde am 18.02.2020 (Vorlage 1758/2019) ein Beschluss gefasst, die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf städtischen Flächen generell nicht zuzulassen. Auf dieser Grundlage hat die Verwaltung nachfolgend den Antrag einer Firma für Altkleiderrecycling auf Aufstellung von Containern abgelehnt. Gegen die Ablehnung wurde geklagt. Nach einem längeren Verfahren wurde die Stadt schließlich mit Urteil verpflichtet, über den Antrag „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden“.

 

Das Gericht hat dazu ausgeführt, dass die Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen regelmäßig zu den Geschäften der laufenden Verwaltung gehöre. Die Verwaltung habe hier einen gesetzlich vorgegebenen Ermessenspielraum bei ihrer Entscheidung. Der Erlass allgemeiner Richtlinien oder Anweisungen, die die Ermessenspraxis einer Gemeinde bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen im öffentlichen Straßenraum bestimmen sollen, gehöre jedoch regelmäßig nicht mehr zu den Geschäften der laufenden Verwaltung sondern obliege dem Rat. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung, vor deren Hintergrund seinerzeit die Ratsentscheidung herbeigeführt wurde.

 

Das Verwaltungsgericht Aachen stellt nun allerdings klar, dass eine generelle Versagung der Aufstellung von Altkleidercontainern nicht zulässig sei – auch nicht durch eine entsprechende Ratsentscheidung. Ein solcher Beschluss stelle eine Vorentscheidung für alle zukünftigen Anträge auf Genehmigung einer solchen Sondernutzung dar, der nicht im Einklang mit dem Leitbild des Straßenrechts stehe: „§ 18 Abs. 1 Satz 2 Straßen- und Wegegesetz NRW unterwirft die über den Gemeingebrauch hinausgehende Nutzung der Straße dem Bedürfnis einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde. Bei dieser Regelung handelt es sich um ein >>präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt<< und nicht etwa um ein >>repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt<<. […] Durch das von § 18 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW vorgesehene Erlaubnisverfahren soll sichergestellt werden, dass die für die Ordnung der Benutzung der Straßen zuständigen Behörden von vornherein erkennbare Störungen verhindern oder in  zumutbaren Grenzen halten und bei der Kollision von Rechtsgütern verschiedener Rechtsträger einen Interessensausgleich schaffen können. Die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens verlangt, dass die Behörde in den ihr obliegenden Abwägungsvorgang nicht allein die gegen, sondern auch die für eine Erlaubniserteilung sprechenden Gründe einbezieht. Die Nutzung der Straße ist nicht Selbstzweck sondern hat eine dienende Funktion für die politischen, künstlerischen, gewerblichen, privaten oder anderen Betätigungen, die ihrerseits grundrechtlich geschützt sein können. Der jeweilige Nutzer hat einen Anspruch auf Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, wenn straßenrechtliche Erwägungen nicht entgegenstehen. Mit anderen Worten darf die Behörde die Erlaubnis nur aus spezifischen straßenrechtlichen Erwägungen versagen.

 

Das Gericht stellt weiter beispielsweise heraus, dass die herangezogene Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes ein zulässiger straßenrechtlicher Belang wäre, dies jedoch nicht pauschal für das gesamte Stadtgebiet gelten könne. In der mündlichen Verhandlung wurde dazu u.a. ausgeführt, dass die Situation beispielsweise in einem schön gestalteten Dorfkern anders zu beurteilen sei, als beispielsweise in einem Gewerbegebiet.

 

Unter Berücksichtigung der nun vorliegenden Entscheidung regt die Verwaltung an, die Vorgaben für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Flächen neu zu fassen. Der Vorschlag basiert im Wesentlichen auf den bereits der damaligen Entscheidung zu Grunde liegenden Abwägungsgründe, ermöglicht nun aber eine Prüfung durch die Verwaltung für jeden einzelnen beantragten Standort und lässt eine Genehmigung zu, wenn keine Gründe entgegenstehen.