Betreff
Antrag der SPD-Fraktion zur Wohnraumentwicklung
Vorlage
2673/2022
Art
Vorlage

Sachverhalt:

 

Auf den beigefügten Antrag vom 16.09.2022 wird verwiesen.

 

Der Ausschuss hat sich zuletzt mehrfach mit dieser Thematik befasst. Ausgangspunkt hierfür war u. a. die im Auftrag des Kreises Heinsberg durch die InWIS Forschung & Beratung GmbH erstellte Wohnungsmarktstudie für den Kreis Heinsberg aus dem Jahre 2019. Der Teilbereich der Studie, der die Stadt Geilenkirchen betrifft, wurde in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung am 19.06.2019 vorgestellt.

 

In seiner Sitzung am 10.11.2021 hat der Ausschuss für Bildung, Soziales, Sport und Kultur aufgrund eines Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen u. a. zur weiteren Wahrnehmung dieser Aufgabe eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit mit der Verwaltung aber auch mit dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung angeregt.

 

In der Folge dessen fand am 24.11.2021 ein interfraktionelles Gespräch statt, in dem der zuständige Mitarbeiter des Kreises Heinsberg einen ausführlichen Vortrag zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus hielt. Ebenfalls auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen referierte die Quartiersmanagerin, Frau Hafers-Weinberg, in der Sitzung des Ausschusses am 03.03.2022 über die aktuell angespannte Wohnungssituation im Stadtgebiet. Des Weiteren fand ein Austausch der beiden Ausschussvorsitzenden des Ausschusses für Bildung, Soziales, Sport und Kultur und des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung mit der Verwaltung statt. Für den 14.11.2022 ist ein weiteres Informationsgespräch mit einem Vertreter von NRW.URBAN vorgesehen. Hierüber wird in der Sitzung berichtet.

 

Auf diese bisherige Historie nimmt der vorliegende Antrag der SPD-Fraktion Bezug.

 

Zu den aufgeführten Beschlussvorschlägen bezieht das Amt 60, aus Sicht des Fachbereichs Stadtentwicklung, wie folgt Stellung:

 

Zu Beschlussempfehlung 1:

Eine regelmäßige Evaluierung der laufenden Baumaßnahmen findet bereits jetzt statt. Die Fraktionsvorsitzenden erhalten quartalsmäßig eine Übersicht über die erteilten Baugenehmigungen. Aus dieser Übersicht geht ebenfalls eine Bezeichnung der jeweiligen Bauvorhaben hervor, sodass dadurch Rückschlüsse auf die Entwicklung der Wohnbebauung geschlossen werden können. Zur Verdeutlichung ist die Übersicht über die erteilten Baugenehmigungen aus dem zweiten Quartal 2022 als Anlage zu diesem Vermerk beigefügt. (s. Anlage)

 

Zu Beschlussempfehlung 3a:

Ein Beschluss für pauschale Festsetzungen innerhalb eines Bauleitplanverfahrens (hier: eine Quote für den öffentlich-geförderten Wohnungsbau bei zukünftigen Bauvorhaben mit mindestens sechs Wohneinheiten) kann nicht gefasst werden. Jedes Bauleitplanverfahren muss als eigene Satzung betrachtet werden. Für das Inkrafttreten der Satzung ist dementsprechend auch jeweils ein individuelles Verfahren (mit Abwägung) und eigenem Ratsbeschluss erforderlich. Bei jedem Bauleitplanverfahren muss daher im Einzelfall überprüft werden, ob im Plangebiet und in der näheren Umgebung ein entsprechender Bedarf vorhanden ist und die mit der Festsetzung verbundenen Vorgaben umgesetzt werden können.

Dennoch kann der Impuls aufgenommen werden, dass bei zukünftigen Bauleitplanverfahren geprüft werden soll, ob die Festsetzung einer Quote in Höhe von 30 % für Mehrfamilienhäuser ab mindestens sechs Wohneinheiten und mehr im Einzelfall umsetzbar ist.

 

Zu Beschlussempfehlung 3b:

Schon jetzt ist man bei aktuellen Bauleitplanverfahren bemüht, Möglichkeiten für den Geschosswohnungsbau zu schaffen. Im Bebauungsplanverfahren Nr. 117 – Am Gut Loherhof II wurde der mehrgeschossige Wohnungsbau festgesetzt. Zudem sieht das Bebauungsplanverfahren Nr. 120 – An der alten Schule die ausschließliche Errichtung von Mehrfamilienhäusern vor. Die Möglichkeit zur Errichtung von Geschosswohnungen im Speziellen, aber auch die Gestaltung der Bauleitpläne im Allgemeinen, richtet sich immer nach der jeweils aktuellen Wohnungsmarktsituation. Nur wenn ein konkreter Bedarf an Ein- und Zwei-Personenhaushalten besteht, ist die Errichtung von Mehrfamilienhäusern sinnvoll. Die Erfahrung aus den vergangenen Jahren zeigt jedoch, dass insbesondere in den außerstädtischen Ortslagen der Bedarf an Einfamilienhäusern größer ist als der Bedarf an Mehrfamilienhäusern.

 

Zu Beschlussempfehlung 4:

Bei allen Neubauprojekten kann nur geltendes Recht angewendet werden. Eine Rechtsvorschrift, durch welche eine Kommune dazu ermächtigt wird, private Vorhabenträger zur Einhaltung der unter Beschlussvorschlag 3 aufgeführten Vorgaben zu verpflichten, besteht im Baurecht nicht. Über das Baurecht hinaus kann man nur als Grundstückseigentümer Einfluss auf die Vorhabenträger nehmen. Bei einem Verkauf des Grundstücks an einen Investor könnten die Vorgaben im Kaufvertrag festgelegt werden.

 

Zu Beschlussempfehlung 5:

Das „Münsteraner Modell“ stellt ein Konzept zur Entwicklung von sozialem Wohnraum dar. Die Vorgehensweise bei diesem Ansatz basiert darauf, dass die Stadt Grundstücke zu einem Anteil von mindestens 50 % erwirbt, um so Einfluss auf die Wohnraumentwicklung zu nehmen (s. Anlage). Gleichzeitig sollen städtische Flächen bewusst an Investoren vergeben werden, die verbindlich die niedrigste Startmiete garantieren und nicht an diejenigen Investoren, die den höchsten Kaufpreis für die Grundstücke bieten. Dies setzt allerdings voraus, dass die Stadt über eine Vielzahl an Flächen verfügt und mehrere Kaufinteressenten vorhanden sind. Eine solche Anzahl an potenziellen Investoren besteht in Geilenkirchen nicht. Ein Vergleich der Städte Münster und Geilenkirchen ist allein schon durch die verschiedenen Grundvoraussetzungen zu abstrakt. Zudem ist in einer Großstadt der Bedarf an Ein-Personenhaushalten und Mehrfamilienhäusern grundsätzlich größer als in kleineren Städten. Eine Übertragung des „Münsteraner Modells“ auf die Stadt Geilenkirchen wäre daher nicht umsetzbar.

 

Zu Beschlussempfehlung 6:

Bei den meisten Grundstücksflächen im Geilenkirchener Stadtgebiet, die zwangsversteigert werden, handelt es sich um einzelne Bestandsimmobilien. Solche Immobilien bieten für den großflächigen sozialen Wohnungsbau wenig Potential. Hierfür wären größere, zusammenhängende Flächen erforderlich. Zudem erfordert die Ersteigerung der Grundstücke das Vorhandensein der nötigen finanziellen Mittel und die Bereitstellung dieser durch den Haushalt. Ein pauschaler Kauf von solchen Grundstücken wäre ohne Weiteres somit nicht möglich und darüber hinaus auch nicht zielführend.

 

Fazit:

Das Angebot zur Entwicklung von sozialem Wohnraum ist vorhanden. Der Kreis Heinsberg stellt jährlich finanzielle Mittel zur Verfügung. Mögliche Investoren zeigen lt. Kreisverwaltung jedoch kein Interesse an der Entwicklung von Sozialwohnungen, sodass diese Mittel nicht in Anspruch genommen werden. Das Problem liegt dabei in der fehlenden Wirtschaftlichkeit solcher Vorhaben für die Investoren. Gleichzeitig hat die Stadt nur als Grundstückseigentümer im Rahmen des Kaufvertrages die Möglichkeit, die Bereitstellung von sozialem Wohnraum per Vertrag vorzuschreiben. Bei einer privaten Entwicklung und Vermarktung besteht eine Einflussmöglichkeit grundsätzlich nicht.

Eine Anwendung des „Münsteraner Modells“ ist für die Bauleitplanung und den Grunderwerb zu abstrakt und wenig praktikabel. Die Stadt Geilenkirchen besitzt nicht die Voraussetzungen und die Mittel wie die Stadt Münster, um großflächig Grundstücksanteile zu erwerben und zu entwickeln. Darüber hinaus bietet der Erwerb von zwangsversteigerten Einzelimmobilien im Stadtgebiet Geilenkirchen kein Entwicklungspotenzial.

Auch wenn ein Beschluss über die pauschale Festsetzung von Vorgaben für alle zukünftigen Bauvorhaben nicht zielführend ist, ist bei zukünftigen Bauleitplanverfahren im Einzelfall eine Prüfung durchaus sinnvoll, ob geplante Mehrfamilienhäuser auch als soziale Wohnungen zur Verfügung gestellt werden können. Hierbei könnte sich der Beschluss einer „Leitlinie“ anbieten, um die einzelnen Beurteilungskriterien für die Zukunft festzuhalten.   

 

Vorschlag der Verwaltung zur weiteren Vorgehensweise:

 

Die bisherige Beschlusslage, wonach eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit gemeinsam mit der Verwaltung angeregt wurde, die auch im Beschlussvorschlag zu 2. des vorliegenden Antrages aufgegriffen wird, sollte konkret dergestalt umgesetzt werden, indem eine Arbeitsgruppe aus je einer Vertretung der Fraktionen gemeinsam mit Mitarbeitern der Verwaltung aus den zuständigen Fachbereichen unter Leitung der Bürgermeisterin gebildet wird. Wie bereits aus der Stellungnahme zum vorliegenden Antrag ersichtlich wird, ist die Thematik so komplex, dass eine vorherige intensive Bearbeitung in einer kleineren Arbeitsgruppe zielführend erscheint.

 

Der Ausschuss wird gebeten, diesem Vorschlag zuzustimmen. Die Verwaltung würde sodann umgehend zu einem ersten Arbeitsgruppentreffen einladen.