Betreff
Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 106 der Stadt Geilenkirchen - Niederheid - Südliche Erweiterung des Gewerbegebiets
hier: Befreiung von der im Bebauungsplan für das Baugrundstück festgesetzten zulässigen, maximalen Höhe (12,00 m) baulicher Anlagen über vorhandenem Gelände für zwei Schornsteine
Vorlage
2900/2023
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 106 der Stadt Geilenkirchen - Niederheid - Südliche Erweiterung des Gewerbegebiets wird antragsgemäß hinsichtlich der Höhe als Höchstmaß für die beiden Schornsteine, entsprechend den dieser Vorlage beigefügten Planunterlagen, unter der Bedingung befreit, dass seitens der Unteren Immissionsschutzbehörde und seitens des Luftfahrtamts der Bundeswehr keine grundsätzlichen Bedenken bestehen.


1.      Sachverhalt

 

Es liegt ein Antrag auf Vorbescheid für die Errichtung eines Gewerbebetriebes zur Herstellung von Faserverbundwerkstoffen vor. Gegenstand des Verfahrens ist u.a. die Frage, ob für zwei 20,00 m hohe Schornsteine von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden kann.

 

Das Bauvorhaben ist geplant auf dem Grundstück:

 

-       Gemarkung Geilenkirchen, Flur 21, Teil aus Flurstück 513 (siehe grobe Darstellung in roter Farbe im Auszug aus dem Liegenschafskataster - Anlage A)

 

an der „Lise-Meitner-Straße 9“.

 

Der Stadtrat hat über den Verkauf dieses Grundstücks vorbehaltlich der noch zu erfolgenden erfolgreichen baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Prüfung einen Beschluss gefasst (siehe Vorlage 2886/2023).

 

Bauplanungsrechtlich befindet sich das Baugrundstück im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 106 der Stadt Geilenkirchen - Niederheid - Südliche Erweiterung des Gewerbegebiets (siehe Auszug aus dem Bebauungsplan - Anlage B), der für dieses Grundstück die Höhe baulicher Anlagen mit einem Höchstmaß von 12,00 m über dem im Bebauungsplan definierten Bezugspunkt (über vorhandenem Gelände) festsetzt.

 

Der Hauptbaukörper des Bauvorhabens besteht aus einer eingeschossigen Produktions- und Lagerhalle sowie einem zweigeschossigen Bereich für Büro, Personal und Technikraum mit jeweils einer Höhe von 12,00 m. Darüber hinaus ist eine regenerative Nachverbrennung (RNV) mit einer Höhe von 7,00 m sowie zwei Schornsteine mit einer Höhe von 20,00 m geplant (siehe Lageplan – Anlage C).

 

Die beiden geplanten Schornsteine mit einer Höhe von 20,00 m widersprechen der im Bebauungsplan festgesetzten Höhe von 12,00 m; die Höhe wird um 8,00 m überschritten. Das Vorhaben ist insofern nach § 30 Abs. 1 BauGB grundsätzlich unzulässig. Es kann allerdings unter bestimmten Voraussetzungen – wie nachfolgend ausgeführt – von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB befreit werden.

 

2.      Befreiung

 

Nach der v. g. Vorschrift kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

 

1.    Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder

 

2.    die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder

 

3.    die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde

 

und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

2.1.  Grundzüge der Planung

 

Die Grundzüge der Planung werden durch das Vorhaben nicht berührt.

 

Unter dem Begriff Grundzüge der Planung ist das planerische Leitbild, also die Grundkonzeption der Planung, zu verstehen. Diese Grundkonzeption hängt von der jeweiligen Planungskonzeption ab; es darf kein Planungserfordernis hervorgerufen werden.

Aus der zum Bebauungsplan gehörenden Begründung geht hervor, dass die Höhen­festsetzung erfolgt, um eine zu große Höhenentwick­lung zu vermeiden. Die Höhenstaffelung ist in Anlehnung an die gestaffelten Höhen des Bebauungsplans Nr. 86, die zur Sittarder-/Karl-Arnold-Straße hin abnehmen, erfolgt.

 

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den beiden Schornsteinen - im Vergleich zum übrigen Bauvorhaben - eher um hinsichtlich der Grundfläche und des Bauvolumens untergeordnete Bauteile, die das Planungskonzept nicht grundsätzlich beeinträchtigen. Die durch den Planer angedachte Vermeidung einer zu großen Höhenentwicklung bleibt durch den Hauptbaukörper mit 12,00 m gewahrt. Ein Planungsbedürfnis wegen der Befreiung für diese untergeordneten Bauteile ist nicht zu befürchten.

 

2.2.  Städtebauliche Vertretbarkeit

 

Die Abweichung hätte zulässiger Inhalt eines Bebauungsplanes sein können und könnte mit den Anforderungen des § 1 Abs. 6 und 7 BauGB vereinbar sein, sodass die privaten Belange, die für die Nutzung erforderlichen Schornsteine in dieser Höhe zu realisieren, vorliegend mehr wiegen würden als die öffentlichen Belange. Inwiefern durch die Nutzung bzw. die Schornsteine Belange des Immissionsschutzes und/oder der Luftfahrt tangiert sein könnten, ist derzeit noch fraglich. Die Untere Immissionsschutzbehörde der Kreisverwaltung sowie das Luftfahrtamt der Bundeswehr wurden im Verfahren mit einer Frist bis zum 20.10.2023 beteiligt. Die Stellungnahmen lagen bei der Erstellung der Vorlage noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass die Stellungnahmen bis zur Ratssitzung am 08.11.2023 zur abschließenden Entscheidung vorliegen.

 

2.3.  Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen

 

Auch sind die Interessen der Nachbarn zu würdigen. Eine Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen wird aufgrund dieser Befreiung nicht gegeben sein, wenn auch die Untere Immissionsschutzhörde mit Blick auf schädliche Umwelteinwirkungen (hier: insbesondere die Reinhaltung der Luft) keine Bedenken äußert. Das Gebot der Rücksichtnahme wäre dann gewahrt. Inwiefern die Belange der Unteren Immissionsschutzbehörde bzw. des Luftfahrtamtes der Bundeswehr wegen der Befreiung tangiert sein könnten, sodass die Abweichung auch mit den öffentlichen Belangen vereinbar wäre, bleibt abzuwarten.


Anlagen: