Betreff
Friedhofsgebührenkalkulation 2012
Vorlage
725/2012
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Neufassung der Friedhofsgebührensatzung wird beschlossen.  


 

Vorbemerkung

 

Friedhöfe sind ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Gemeinwesens. Kaum ein Bereich des öffentlichen Lebens wird so sensibel gehandhabt und beobachtet wie der Friedhof. Seit mehreren Jahren zeichnet sich ein Wandel der Bestattungskultur ab. Die Entwicklung von der Körperbestattung zur Urnenbeisetzung führen die finanzielle Belastung und die Mobilität der Angehörigen zu einer Nachfrage an Bestattungsformen, die vor allem durch weniger Flächen- und Pflegeaufwand gekennzeichnet sind. Diesen strukturellen Veränderungen kann nicht mehr nur durch kurzfristige Maßnahmen begegnet werden. Vielmehr geht es um ein langfristig tragendes Gesamtkonzept zur Optimierung des Friedhofs- und Bestattungswesens. Ansatzpunkte hierzu sind das jeweilige Leistungsprogramm mit seinem Angebot an Einzelleistungen sowie ein systematisches Durchleuchten der gesamten Organisationseinheit, um die betriebliche Strukturen den zukünftigen Anforderungen anzupassen.

 

Hier setzt die neue Gebührenkalkulation an und befasst sich vornehmlich damit, wie die Optimierung des Leistungsangebots und interner Abläufe sowie eine Friedhofsbedarfsplanung wirkungsvoll zur Wirtschaftlichkeitssteigerung beitragen können. Die Steuerung der Wirtschaftlichkeit ist nur im Rahmen eines betriebswirtschaftlichen Konzepts möglich. Für das Friedhofs- und Bestattungswesen spielen dabei gleichermaßen das neue Haushalts- und Rechnungswesen, die gebührenrechtlichen Grundlagen und das Finanzierungskonzept sowie die Kostenrechnung eine Rolle.

 

Organisationsveränderung

 

Mit Wirkung vom 01.01.2013 soll das bisherige Friedhofsamt dem Sachgebiet Bürgerbüro / Standesamt im Bereich des Amtes für öffentliche Sicherheit und Ordnung angegliedert werden. Bereits heute werden viele Leistungen der Friedhofsverwaltung durch die Standesbeamten erbracht (Neuerwerb und Verlängerung von Grabstätten, Grabmalgenehmigungen, Erlaubnis für gewerbliche Tätigkeiten auf dem Friedhof, Einebnungserklärungen, Grabpflegeangelegenheiten).

 

Durch die Verlagerung der gesamten Friedhofsverwaltung zum Bürgerbüro / Standesamt können zukünftig sämtliche Angelegenheiten für die Lebenslage Tod bzw. Sterbefall aus einer Hand bearbeitet werden. Dies stellt für Angehörige und Bestatter eine enorme Erleichterung in den schwierigen Stunden, die mit einem Sterbefall verbunden sind, dar.  Das Bürgerbüro wird damit als zentrale Anlaufstelle für Bürgerangelegenheiten  weiter gestärkt und ausgebaut. 

 

Durch den Einsatz einer neuen, effizienteren Software wird kein zusätzliches Personal im Bereich des Bürgerbüros / Standesamtes benötigt.

 

Erforderlichkeit einer neuen Gebührenbedarfsberechnung

 

Mehrere Gründe führen dazu, dass die Friedhofsgebühren für das Jahr 2013 zwingend neu zu kalkulieren und festzusetzen sind:

 

a)    Fehlbedarf in vergangenen Gebührenkalkulationen

 

In den letzten drei Jahren waren die vereinnahmten Gebühren nicht auskömmlich, um die gebührenfähigen Kosten im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens zu decken. Es kam in sämtlichen Jahren zu teilweise signifikanten Fehlbeträgen, die nach dem Kommunalabgabengesetz innerhalb von drei Jahren ausgeglichen werden sollen. Die Gebühren sind daher zwangsweise anzupassen.

 

2010: Fehlbetrag lt. Betriebsabrechnung      17.922,31 €

2011: Fehlbetrag lt. Betriebsabrechnung      91.000,00 €

2012: Fehlbetrag lt. Kalkulation                     28.068,10 €

 

b)    Nicht genehmigter Haushalt / Haushaltssicherungskonzept

 

In der Vergangenheit war es rechtlich möglich, eigentlich gebührenfähige Aufwendungen aus dem städtischen Haushalt heraus zu finanzieren, um die Gebührenzahler zu entlasten und die Gebühren auf einem niedrigen Niveau zu halten. Diese Möglichkeit ist in der vorläufigen Haushaltsführung nach § 82 der Gemeindeordnung NRW, in der sich die Stadt Geilenkirchen momentan befindet,  nicht mehr gegeben. Die Gebühreneinnahmen müssen daher auskömmlich sein, um die gebührenfähigen Aufwendungen zu decken. Dies steht im Einklang mit § 77 der Gemeindeordnung NRW, wonach die Kommune die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,  im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen.

 

c)    Rechtliche Grundlagen nach dem Kommunalabgabengesetz

 

Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit für das kommunale Gebührenrecht. Zwischen der in Anspruch genommenen Leistung und der Gebührenhöhe als Gegenleistung muss ein angemessenes Verhältnis bestehen (Leistungsproportionalität). Das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit fordert zudem die „spezielle Leistung“ als Anknüpfungspunkt für die Gebührenbemessung. Diese Grundsätze berühren Fragen des Gebührenmaßstabes und des Gebührensatzes und setzen dem Ansatz von Leistungsgesamtheiten und Pauschalgebühren enge Grenzen. Die Kosten sollen dem Gebührenschuldner möglichst nach dem konkret festgestellten Umfang seiner Inanspruchnahme angelastet werden (Wirklichkeitsmaßstab). Nur wenn das nicht möglich ist, kann ein Maßstab gewählt werden, der dem Umfang und der Art der Inanspruchnahme nahe kommt und zu einer möglichst gleichmäßigen Belastung der Gebührenschuldner führt (Wahrscheinlichkeitsmaßstab).

In der Vergangenheit wurden die Gebühren im Bereich des Friedhofs- und Bestattungswesens jedoch nur teilweise nach diesen Grundsätzen kalkuliert. Es wurden soziale Faktoren, Gebührensätze umliegender Kommunen und „Traditionen“ bei der Kalkulation der Gebührenhöhe berücksichtigt. Dies ist nach geltender Rechtsprechung nicht mehr zulässig. Um hier die gebotene Rechtssicherheit zu schaffen, muss die neue Gebührenkalkulation den o.g. Grundsätzen entsprechen. Der Aufwand, den eine Leistung, also eine Grabart oder eine Bestattungsform, verursacht, muss dieser Leistung möglichst exakt zugeordnet werden.

 

Leistungsspektrum

 

Voraussetzung für den Kalkulationsprozess ist die eindeutige Definition und Beschreibung der Leistungen, die erbracht werden sollen. Erst auf dieser Grundlage sind eine Strukturierung der Kostenrechnung und die anschließende Kalkulation überhaupt möglich. Das Leistungsspektrum ergibt sich aus der Friedhofssatzung der Stadt Geilenkirchen:

 

 Bereitstellung und Vergabe von Grabstätten

Reihengrab ab dem 5. Lebensjahr

Rasenreihengrab ab dem 5. Lebensjahr

Reihengrab bis zum 5. Lebensjahr

Rasenreihengrab bis zum 5. Lebensjahr

Urnenreihengrab

Urnenrasenreihengrab

Wahlgrab

Wahlgrab als Tiefengrab

Wahlgrab in besonders gewünschter Lage

Wahlgrab in besonders gewünschter Lage als Tiefengrab

Urnenwahlgrab

Urnenwahlgrab in einem Kolumbarium

 

Bestattungsgebühren

Bestattung Tot- und Frühgeburten / Schwangerschaftsabbrüche

Bestattung Reihengrab bis zum 5. Lebensjahr

Bestattung Wahlgrab bei Neuanlegung bis zum 5. Lebensjahr

Bestattung Wahlgrab bei bestehenden Grabstätten bis zum 5. Lebensjahr

Bestattung Tiefengrabstätten bei Neuanlegung unteres Grab bis zum 5. Lebensjahr

Bestattung Tiefengrabstätten bei bestehenden Grabstätten unteres Grab bis zum 5. Lebensjahr

Bestattung Reihengrab, Rasenreihengrab ab dem 5. Lebensjahr

Bestattung Wahlgrab bei Neuanlegung ab dem 5. Lebensjahr

Bestattung Wahlgrab bei bestehenden Grabstätten ab dem 5. Lebensjahr

Bestattung Tiefengrabstätten bei Neuanlegung unteres Grab ab dem 5. Lebensjahr

Bestattung Tiefengrabstätten bei bestehenden Grabstätten unteres Grab ab dem 5. Lebensjahr

Bestattung Urne (Erdbestattung)

Beisetzung Asche ohne Urne im Aschengrab

Bestattung Urne (Kolumbarium)

Bestattung durch Verstreuung auf dem Aschengrabfeld

 

Benutzungsgebühren

Benutzung Trauerhalle

Benutzung Kühlzelle

 

Genehmigungsgebühren

Genehmigung Grababdeckung

Genehmigung Grabdenkmal

Genehmigung Grabeinfassung

Genehmigung Grabplatte / Genehmigung Kolumbarienabdeckung

Kostenstruktur

 

Das Produkt „Friedhöfe“ sah im Jahr 2012 Gesamtkosten in Höhe von 632.000 € vor. Die neue Kalkulation für das Jahr 2013 weist nur noch Gesamtkosten in Höhe von 626.854 € aus. Die Einsparung in Höhe von 5.146 € kann aufgrund der beabsichtigten Verlagerung des Friedhofsamtes in das Sachgebiet Bürgerbüro / Standesamt erzielt werden. Durch die hieraus erzielbaren Synergieeffekte sinken die Personalkosten. Zu den Gesamtkosten hinzuzurechnen ist allerdings der bereits erwähnte Fehlbetrag aus der Gebührenkalkulation 2010 in Höhe von 17.922 €.

 

Die Gesamtkosten sind zu unterscheiden in gebührenfähige und nicht gebührenfähige Kosten. Nicht gebührenfähig sind insbesondere solche Kosten, die sich auf die Ehrengräber, den jüdischen Friedhof und das sog. Rahmengrün (damit ist der Erholungswert des Friedhofs gemeint) beziehen.

 

In der Vergangenheit wurden die nicht gebührenfähigen Kosten aufgrund eines Flächenmaßstabs und anhand der Friedhofspläne ermittelt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass 41 % der Kosten als nicht gebührenfähig zu bewerten sind. Die Gesamtkosten im Bereich des Friedhofswesens wurden mit diesem Prozentsatz multipliziert und der hieraus resultierende Teilbetrag wurde als nicht gebührenfähige Summe aus dem städtischen Haushalt finanziert.

 

Bei dieser Vorgehensweise wird jedoch unterstellt, dass jedwede Flächenart den gleichen Kostenaufwand nach sich zieht. So wird z.B. unterstellt, dass die Pflege eines Quadratmeters Vorhaltefläche genau so viel Kosten verursacht wie die Pflege eines Quadratmeters Hecke. Diese Betrachtungsweise ist jedoch mit Ungenauigkeiten behaftet. Daher wurde zu Beginn des Jahres 2012 eine neue Arbeitszeiterfassung für die Friedhofskolonne eingeführt. Aufgrund dieser Arbeitszeiterfassung lässt sich nun exakt und dezidiert feststellen, wie viele Arbeits- und Maschinenstunden für die Pflege einer bestimmten Flächenart tatsächlich aufgewendet werden müssen.

 

Im Ergebnis verursacht die Pflege der Ehrengräber, des jüdischen Friedhofs und des Rahmengrüns nur 23 % statt der bisher angenommenen 41 % der Gesamtkosten. Hierdurch erhöht sich im Umkehrschluss der gebührenfähige Anteil an den Gesamtkosten.

 

Das nachfolgende Schaubild soll die Zusammenhänge und Veränderungen verdeutlichen:

Textfeld: Gebührenzahler

Städtischer Haushalt

 
Ellipse: Gesamtkosten 2013 644.776 €
 

 


Betriebsabrechnungsbogen

 

Die exakte Gebührenberechnung kann dem als Anlage beigefügten Betriebsabrechnungsbogen entnommen werden.

 

Nachfolgend sollen einige Erläuterungen zum Betriebsabrechnungsbogen gegeben werden:

 

1)    Kostenartenrechnung

 

Die verschiedenen Kostenarten und ihre Höhe ergeben sich (soweit nicht anders angegeben) aus der Betriebsabrechnung des Jahres 2011. Die Personalkosten und Verwaltungsgemeinkosten wurden aufgrund einer Prognose für das Jahr 2013 berechnet. Die kalkulatorischen Zinsen sowie die kalkulatorischen Abschreibungen wurden aufgrund des Anlagenachweises für das Jahr 2013 kalkuliert.

 

2)    Kostenstellenrechnung

 

Die aus der Kostenartenrechnung ermittelten Werte werden im Rahmen der Kostenstellenrechnung mittels Verteilungsschlüsseln auf Kostenstellen verteilt. Die Verteilungsschlüssel ergeben sich aus Arbeitszeiterfassungen der Friedhofskolonne sowie der Friedhofsverwaltung, aus Maschinenstundenzetteln, aus Fahrzeugstundenzetteln und aus exemplarischen Analysen von verschiedenen Untersachkonten. Dies führt zu einer möglichst gerechten Verteilung der Kostenarten auf die verschiedenen Kostenstellen. Das aus dem Jahr 2010 auszugleichende Defizit in Höhe von 17.922 € wurde auf die Kostenstellen aufgeteilt. Dabei wurde das  Verhältnis jeder Kostenstelle zu den Gesamtkosten als Verteilungsschlüssel angewandt.

 

3)    Kostenträgerrechnung

 

Im Zuge der Kostenträgerrechnung werden die in der Kostenstellenrechnung ermittelten Kosten verursachungsgerecht auf die verschiedenen Leistungen (Kostenträger), für die eine Gebühr erhoben wird, umgelegt. Auch dies erfolgt nach sorgfältig ausgewählten und nachvollziehbaren Kriterien. So werden im Bereich der Nutzungsrechte Flächenmaßstäbe und im Bereich der Bestattungen Arbeitsstundenmaßstäbe für die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Grabarten bzw. Bestattungsarten angewandt.

 

 

Tendenzen

 

Durch die neue Berechnungsmethodik lassen sich einige Tendenzen bei der Verteilung der gebührenfähigen Kosten auf die verschiedenen Leistungen prognostizieren:

 

-      Urnengräber haben nur eine Nutzungsdauer von 20 Jahren im Gegensatz zu grundsätzlich 30 Jahren bei Körperbestattungsformen, wodurch die Kosten für Urnengräber deutlich geringer sind.

 

-      Urnengräber nehmen wenig Fläche in Anspruch und verursachen daher tendenziell weniger Aufwand.

 

-      Kolumbarien benötigen keine Vorhalteflächen und verursachen daher tendenziell weniger Aufwand.

 

-      Bei Rasenreihengräbern übernimmt die Stadt für 30 Jahre lang die Pflege dieser Gräber. Dies verursacht immense Kosten, die verursachergerecht zugeordnet werden müssen.

 

Beispiel aus der derzeitigen Gebührensatzung:

Rasenreihengrabstätte für Verstorbene ab dem 5. Lebensjahr                   643,00 €

Reihengrabstätte für Verstorbene ab dem 5. Lebensjahr                            310,00 €

Die Rasenreihengrabstätte ist derzeit 333,00 € teurer als ein Reihengrab.  Dies scheint nur auf den ersten Blick gerechtfertigt, berücksichtigt jedoch keineswegs die Kosten, die der Stadt im Laufe der Ruhefrist von 30 Jahren entstehen werden. Mit dem Verkauf einer solchen Rasenreihengrabstätte verpflichtet sich die Stadt für die kommenden 30 Jahre zur Pflege des Rasens, während die Pflege bei einer herkömmlichen Reihengrabstätte den Angehörigen obliegt. Die Kosten der Rasenpflege bei einem Rasenreihengrab übersteigen im Laufe von 30 Jahren bei Weitem die Mehreinnahmen von 333,00 € gegenüber einem Reihengrab. Die neue Berechnungsmethodik berücksichtigt diesen Mehraufwand und weist diesen verursachungsgerecht der Leistung Rasenreihengrabstätten zu.

 

-      Soziale Aspekte, wie z.B. die bewusste Vergünstigung von Kinderreihengräbern, dürfen lt. aktueller Rechtsprechung nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Gräber werden deutlich teurer.

 

-      Reihengräber sind flächenmäßig nur geringfügig kleiner als Wahlgräber. Die Gebührensätze dieser beiden Grabarten werden sich annähern, wobei Wahlgräber günstiger und Reihengräber grundsätzlich teurer werden.

 

-      Beisetzungen von Urnen sind tendenziell günstiger als Körperbestattungen, da weniger Erdaushub getätigt und weniger Maschinen (z.B. kein Sargversenkungsapparat) zum Einsatz kommen müssen. Weiterhin können Urnen von einem Mitarbeiter der Friedhofskolonne beigesetzt werden, während die Bestattung von Särgen zwei Mitarbeiter der Friedhofskolonne erfordert.

 

 

Satzung und Beschlussempfehlung

 

Aufgrund der neuen Gebührenkalkulation wird vorgeschlagen, die als Anlage zur Einladung des Haupt- und Finanzausschusses beigefügte Neufassung der Friedhofsgebührensatzung mit Wirkung zum 01.01.2013 zu beschließen.