Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird mit der Planung für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften für mindestens 200 Personen in modularer Bauweise am Standort „An der Friedensburg“ beauftragt.
I. Die Entwicklung der
Flüchtlingssituation
Die Entwicklung der Flüchtlingssituation ist aus den Medien hinreichend bekannt. Die Prognosen der in die Bundesrepublik einreisenden Flüchtlinge werden laufend nach oben korrigiert. Dies hat zur Folge, dass die der Stadt Geilenkirchen zugewiesenen Flüchtlingszahlen ebenfalls weiterhin ungemindert ansteigen werden. Derzeit werden von der Stadt Geilenkirchen insgesamt 283 Flüchtlinge (Stand: 22.09.2015) betreut und versorgt. Bis zum Jahresende wird die Zahl voraussichtlich auf ca. 500 ansteigen.
Für die Versorgung mit Wohnraum verfolgte die Stadt bislang bekanntlich das Konzept der dezentralen Unterbringung. Hierfür unterhält die Stadt derzeit insgesamt 20 Wohneinheiten, davon 7 städtische und 13, die sich im Privatbesitz befinden und von der Stadt zu den marktüblichen Konditionen angemietet sind. Darüber hinaus werden derzeit 17 Wohneinheiten in der Fliegerhorstsiedlung Teveren in Anspruch genommen, die von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mietzinsfrei zur Verfügung gestellt werden.
Da der private und verfügbare Wohnungsmarkt in absehbarer Zeit erschöpft sein wird, besteht für die Stadt nur noch die Möglichkeit, neue Wohnkapazitäten zu schaffen. Dies ist in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen nur in der Form einer zentralen neu zu errichtenden Wohnanlage zu realisieren und würde insoweit auch eine teilweise Abkehr von dem Konzept der dezentralen Unterbringung bedeuten.
Zwischenzeitlich wurde der Verwaltung im Bereich des Gewerbegebietes Selka ein zum Bürogebäude umfunktioniertes ehemaliges Mannschaftsgebäude zum Kauf angeboten, das Platz für die Unterbringung von ca. 50 bis 60 Flüchtlingen bieten würde. Außerdem besteht die Möglichkeit, einen Teil einer Wohnanlage mit 10 Wohnungen im Stadtteil Lindern anzumieten.
II.
Standortsuche für den Neubau einer städtischen Flüchtlingsunterkunft
Um
zwischen potentiellen Standorten für eine neu zu errichtende und zeitnah
bereitzustellende Flüchtlingsunterkunft eine Auswahl treffen zu können, wurde
in folgender Weise vorgegangen:
Zunächst
wurden Randbedingungen definiert, anhand derer grundsätzlich geeignete Standorte
identifiziert werden können. Diese Randbedingungen ergeben sich insbesondere
aus den zu verwirklichenden baulichen Anforderungen und dem damit verbundenen
Flächenbedarf und den planungs- und baurechtlichen Vorgaben. Weiterhin ist die
kurzfristige Verfügbarkeit eines potentiellen Standortes von entscheidender
Bedeutung.
Aufgrund
der gegebenen Bedarfseinschätzung wird eine zentrale städtische Unterkunft mit
über 200 Plätzen benötigt. Der Bautyp sollte aufgrund der Erfahrungen mit
bestehenden Unterkünften aus kleinen Wohneinheiten mit 4 bis 6
Plätzen bestehen, die aus zwei Zimmern mit Kochzeile und Bad bestehen. In
solchen Einheiten wären entweder Familien oder auch nach Geschlechtern
getrennte Kleingruppen von Einzelbewohnern gut unterzubringen. Um einen solchen
Wohnungstyp in wirtschaftlicher Bauweise bereitzustellen, ergibt sich als
Gebäude im Wesentlichen ein Mehrfamilienhaus mit mehreren Wohneinheiten je
Geschoss und gemeinschaftlichen Neben- und Erschließungsflächen. Für die
Standortsuche wird von etwa dreigeschossigen Gebäuden ausgegangen, da höhere
Objekte an den meisten Standorten der Stadt unverträglich wären und auch
größeren technischen Aufwand zur Folge hätten (Brandschutzanforderungen, ggf.
Aufzug). Beim Flächenbedarf sind auch Nebenflächen für Lager, Hausmeisterraum
und Betreuerbüro zu berücksichtigen. Somit werden für die angesetzte Zahl unterzubringender
Personen bis zu drei dreigeschossige Objekte erforderlich und es ergibt sich
eine notwendige Grundstücksgröße für den Standort von voraussichtlich
mindestens 2.000 m².
Planungs-
und baurechtlich wurden durch den Gesetzgeber bereits einige Erleichterungen
für die Erstellung von Flüchtlingsunterkünften vorgenommen. So hat der Bund
klargestellt, dass die Unterbringung von Flüchtlingen zu den Belangen des
Allgemeinwohls gehört, die eine Befreiung von Festsetzungen eines
Bebauungsplans ermöglichen. Befristet bis zum 31.12.2019 wurden außerdem die
folgenden gesetzlichen Regelungen getroffen:
-
Flüchtlingsunterkünfte können unter
bestimmten Voraussetzungen auch dann im unbeplanten Innenbereich zugelassen
werden, wenn sie sich nicht in die nähere Umgebung einfügen.
-
Die Unterbringung von Flüchtlingen
kann auch auf Flächen im Außenbereich gestattet werden, die unmittelbar an
einen bebauten Ortsteil anschließen.
-
An geeigneten Stellen in
Gewerbegebieten werden Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder
sonstige Unterkünfte für die Unterbringung von Asylbegehrenden oder
Flüchtlingen im Wege der Befreiung ermöglicht. Voraussetzung dafür ist, dass an
den entsprechenden Standorten Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen
werden können oder allgemein zulässig sind und dass das Vorhaben auch unter
Berücksichtigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar
ist.
Evtl.
sind noch weitere Erleichterungen zu erwarten, da der Bund angekündigt hat, in
einem Beschleunigungsgesetz für einen befristeten Zeitraum für die Bewältigung
der aktuellen Asyl- und Flüchtlingssituation die Abweichung von geltenden
Regelungen oder Standards beim Bau von Unterkünften zuzulassen.
Grundsätzlich
sind Unterkünfte aber wie Wohnnutzungen zu bewerten, wenn sie wie im gegebenen
Fall dauerhaft (d. h. mehr als sechs Monate) betrieben werden sollen.
Geeignete Standorte sind also in Wohn- und Mischgebieten und, wie vorstehend
erläutert, in bestimmten Ausnahmefällen auch in Gewerbegebieten oder im
Außenbereich zu finden. Eine bauplanungsrechtliche Voreinschätzung wurde durch
die Verwaltung für potentielle Standorte vorgenommen. Diese wurden weiter
betrachtet, soweit sie vorläufig als nutzbar angesehen werden können. Eine
endgültige Klärung muss noch über eine Einzelfallprüfung bzw. letztlich im
Baugenehmigungsverfahren erfolgen.
Da
es für eine zeitnahe Bereitstellung der dringend benötigten Unterkünfte auf
eine sofortige Verfügbarkeit des Standorts ankommt, wurden nur die bereits in
städtischem Eigentum stehenden Flächen untersucht sowie solche, die
unverzüglich erworben werden könnten.
Nachdem
somit Flächen in ausreichender Größe mit voraussichtlicher planungsrechtlicher
Eignung und sofortiger Verfügbarkeit identifiziert wurden, war im nächsten
Schritt anhand der Bewertung städtebaulicher und sonstiger Kriterien eine
Priorisierung erforderlich. Bei dieser qualitativen Bewertung wurden die
Erreichbarkeit und Eignung eines Standortes für die späteren Nutzer, die
Sozialverträglichkeit der Nutzung im gegebenen Umfeld sowie sonstige Kriterien,
wie z. B. eine spätere Nachnutzungsmöglichkeit, betrachtet.
Das
Ergebnis der Standortsuche ist tabellarisch in der Anlage 1 dargestellt.
Weitere Erläuterungen zu den qualitativen Bewertungen können in der Sitzung
vorgetragen werden. Die Verwaltung spricht sich im Ergebnis für den Neubau
einer zentralen Flüchtlingsunterkunft als Neu- und Ersatzbau am Standort der
bisherigen Containeranlage „An der Friedensburg“ aus.
III.
Erste Überlegungen für den Neubau einer städtischen Flüchtlingsunterkunft
Auf
Grundlage der vorstehend beschriebenen Vorgaben ist für den Neubau einer
städtischen Flüchtlingsunterkunft eine geeignete Lösung zu entwickeln. Aufgrund
des engen Zeitrahmens und des großen Handlungsbedarfes hat die Verwaltung
hierzu bereits Kontakt mit dem Architekturbüro Stefelmanns aufgenommen und
erste Überlegungen angestellt.
Dabei
war insbesondere zu klären, wie die Nutzungsanforderungen in geeigneter Weise
baulich umgesetzt werden können und welcher Kostenrahmen sich damit ergibt.
Eine gute Wirtschaftlichkeit der Lösung muss schon aufgrund der gegebenen
Haushaltslage angestrebt werden. Außerdem sollte möglichst noch im Rahmen der
weiteren Konkretisierung der Planung ein gewisser Anpassungsspielraum
hinsichtlich des Standortes und der Zahl der bereitzustellenden Plätze
verbleiben. Weiterhin spielten auch Überlegungen zur späteren Nachnutzung und
Anpassung von Gebäuden eine wesentliche Rolle.
Vorgeschlagen
wird daher ein modulares Konzept, dessen standardisierte Bauelemente in
verschiedener Weise genutzt werden können. Aufgrund der Vorteile bei der
Bauzeit wird eine Systembauweise favorisiert. Die relativ kleinen Module werden
etagenweise zu Gruppen von vier bis fünf Einheiten um eine einfach gehaltene,
aber angemessen große Gemeinschaftsfläche angeordnet. Ein Gebäude mit drei
Vollgeschossen kann so bis zu 75 Plätze bieten. Aus wirtschaftlichen Gründen
soll auf einen Keller möglichst verzichtet werden. Technische Einrichtungen und
Lager würden, ggf. gemeinsam für mehrere Gebäude, in einfachen Nebengebäuden
(Typ „Fertigteilgarage“) untergebracht.
In den Anlagen 2 bis 4 werden erste Planskizzen zu diesem Konzept vorgestellt, die in der Sitzung näher erläutert werden sollen. Die Baukosten für drei dreigeschossige Gebäude werden auf netto 3 Mio. Euro geschätzt. Einschließlich Planungs- und Baunebenkosten sowie Mehrwertsteuer ergibt sich für die Haushaltsplanung ein voraussichtlicher Investitionsbedarf von rund 4 Mio. Euro. Die Umsetzung der Maßnahme soll innerhalb von 12 Monaten erfolgen. Diese sehr anspruchsvolle Zeitvorgabe ist nur einzuhalten, wenn die konkrete Planung unverzüglich beginnt und haushalts- und vergaberechtliche Erleichterungen in Anspruch genommen werden können, wie sie der gemeinsame Runderlass von Finanz-, Innen- und Bauministerium NRW vom 06.08.2015 über die Beschaffung von Leistungen zum Zweck der Unterbringung von Flüchtlingen vorsieht.
Anlagen: