Betreff
Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 16 der Stadt Geilenkirchen
Vorlage
898/2013
Art
Vorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 16 der Stadt Geilenkirchen wird im beantragten Ausmaß erteilt.


Sachverhalt:

Die Franziskusheim gGmbH plant, das bestehende Franziskusheim in der Straße Zum Kniepbusch umzubauen und einen Anbau zu errichten. Damit soll den Anforderungen des Landespflegegesetzes genügt werden und ein Einzelzimmeranteil von 80 % erreicht werden. Die Räume sollen außerdem barrierefrei gestaltet und eine energetische Verbesserung erzielt werden.

 

Hierzu sind eine Sanierung des bestehenden Gebäudes sowie die Errichtung eines Anbaues in gleicher Struktur und Höhe wie der Bestand geplant. Um den Platzbedarf am jetzigen Standort zu decken, ist ein 5-geschossiger Anbau geplant.

 

Bezüglich des Bauantrages darf im Übrigen auf die Anlage (Schreiben des Architekturbüros Viethen vom 29.07.2013) verwiesen werden sowie auf die im Ratsinformationssystem Session eingestellten Bauvorlagen.

 

Da das Bauvorhaben nicht den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 16 der Stadt Geilenkirchen entspricht, wurde eine Befreiung im Sinne von § 31 Abs. 2 Baugesetzbuch beantragt.

 

Im Einzelnen entspricht das Vorhaben (teilweise) nicht den folgenden Festsetzungen:

 

-           Art der baulichen Nutzung

 

Der Bebauungsplan setzt am Standort des Franziskusheimes eine „Fläche für den Gemeinbedarf“ fest, Zweckbestimmung „Altersheim“ (Dieser Begriff würde heute nicht mehr verwendet, der Inhalt ist jedoch klar.) Insofern entspricht das Vorhaben zum Teil den Festsetzungen des Bebauungsplanes, jedoch ragt ein kleiner Teil des geplanten Anbaus über die festgesetzte Fläche für Gemeinbedarf hinaus und ins Wohngebiet hinein.

 

-           Maß der baulichen Nutzung

 

Im Bereich der Fläche für Gemeinbedarf ist keine Begrenzung festgesetzt. Soweit das geplante Gebäude in das Reine Wohngebiet hineinragt, gilt dort die Festsetzung „Grundflächenzahl 0,4“ und „Zahl der Vollgeschosse: 1“. In diesem Bereich würde das Vorhaben das zulässige Maß der baulichen Nutzung hinsichtlich der Geschossigkeit überschreiten.

 

-           Fläche, die überbaut werden soll

 

Innerhalb der Fläche für Gemeinbedarf ist durch Baugrenzen ein Baufenster festgesetzt, fast in der Form des Buchstaben T. Schon damals bei der Errichtung des Franziskusheimes wurde von dieser aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbaren und auch nicht näher begründeten Festsetzung des Baufensters abgewichen.

 

 

Rechtslage:

 

Eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes kann gemäß § 31 Abs 2 BauGB erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

 

Grundzüge der Planung

 

Der Bebauungsplan Nr. 16 setzt in dem Bereich an der Straße Zum Kniepbusch eine „Fläche für den Gemeinbedarf“ fest mit der Zweckbestimmung „Altersheim“. Der geplante Anbau des Altenheims überschreitet die insoweit abgegrenzte Fläche zwar geringfügig, der sehr deutlich überwiegende Teil des Franziskusheimes wird aber auch nach der Erweiterung innerhalb der vom Bebauungsplan insoweit zweckbestimmten Fläche liegen. Damit sind die Grundzüge der Planung nicht berührt.

 

Gründe des Wohls der Allgemeinheit erfordern Befreiung

 

Im konkreten Fall geht es darum, den Aufenthalt und die Pflege von alten Menschen im Franziskusheim zu optimieren. Die Anzahl der Einzelzimmer soll optimiert werden. Die Barrierefreiheit, insb. Rollstuhlgerechtigkeit soll berücksichtigt werden, damit auch der demographischen Entwicklungssituation Rechnung getragen werden, wonach der Anteil älterer Menschen bereits erheblich gestiegen ist und noch im Steigen begriffen ist.

Die Kommentierung zum Baugesetzbuch (Brügelmann Baugesetzbuch) besagt, dass der Begriff des Allgemeinwohls wie auch der des Erforderns weit auszulegen sei. Beispielhaft ist genannt, dass insoweit ein öffentliches Interesse für eine Befreiung vorhanden ist, wenn es z.B. um Krankenhäuser, Kindergärten, Theater und Schulen geht, also ein erhebliches öffentliches Interesse hinter der Befreiung steht.

Erforderlich bzw. vernünftig und geboten ist die Befreiung dann, wenn vernünftigerweise am Ort des Geschehens das Bauvorhaben, um das es geht, verwirklicht werden soll. Hier geht es um Umbau und Modernisierung eines bestehenden Altenpflegeheimkomplexes. Dies geht tendenziell nur am vorhandenen Standort, will man nicht eine Standortverlagerung mit Neubau und Abriß der bestehenden Bausubstanz und damit einhergehend eine erhebliche Verteuerung des Vorhabens, in Kauf nehmen.

Somit erfordern Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung.

 

Städtebauliche Vertretbarkeit der Abweichung insbesondere auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen

 

Von Bedeutung ist hier insbesondere, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt bleiben. Schließlich handelt es sich bei dem Bereich Zum Kniepbusch im Wesentlichen um einen Wohnbereich. Bezogen auf das Gebäude Zum Kniepbusch 7 wurde ausdrücklich die Zustimmung schriftlich von dort erklärt. Bezogen auf das Gebäude Nr. 8 seien folgende Fakten von Bedeutung: zwischen dem bestehenden Wohngebäude und der geplanten Erweiterung bestehen erhebliche Abstände. Zunächst liegt die Straße mit einer Breite von ca. 7,50 m dazwischen. Die kürzeste Entfernung zwischen Straße und Gebäudekante des Erweiterungsbaus beträgt noch einmal ca. 8,5 m, wobei der Abstand zwischen Straße und Gebäudeanbau sich im weiteren Verlauf vergrößert.

 

Durch die beschriebenen Abstände und die typischerweise immissionsarme Nutzung eines Altenpflegeheimes ist davon auszugehen, dass eine Beeinträchtigung der Wohnqualität nicht zu befürchten ist. Grundsätzlich reicht es schon aus, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandflächen von den jeweiligen Gebäuden eingehalten sind.

 

Bezogen auf das Grundstück Zum Kniepbusch 6 sind keine Konflikte zu befürchten, anders als im Lageplan eingetragen, handelt es sich hier nicht mehr um ein Einfamilienhaus, sondern um eine Außenstation des AHG Therapiezentrums Loherhof. Die Nutzung dieses Haus hat heimähnlichen Charakter, die Nutzer halten sich hier nur vorübergehend auf.

 

Resümee:

 

Die erforderlichen Tatbestandsmerkmale für eine Befreiung sind nach alledem erfüllt. Eine Befreiung könnte somit erteilt werden.

 

Es wird davon ausgegangen, dass sich die Anzahl der Heimplätze nicht verändert. Die Stellplatzsituation wird ggf. im Baugenehmigungsverfahren abgearbeitet.


Anlagen:

 

Lageplan (der Einladung beigefügt)

Bauvorlagen, auszugsweise, mit Ansichten (im Ratsinformationssystem abrufbar)